Griechenland oder der laufende Huhn

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250.000 Österreicher können nicht irren: Diese kleine schräge Komödie ist der größte einheimische Kinoerfolg der Alpenrepublik seit 2017. Ein unerwarteter Überraschungscoup, der es bis auf den dritten Platz der Charts schaffte. Comedy können unsere Nachbarn, gerne ein bisschen schrulliger und lakonischer. Bisweilen entwaffnend läppisch, vor allem immer betont lässig. So auch bei diesem absurden Lustspiel um einen naiven Helden aus Wien, der auf einer malerischen griechischen Insel um sein Hotel-Erbe geprellt werden soll. Es klingt fast ein bisschen wie Peter Alexander. In dessen Fußstapfen tritt nun der Publikumsliebling Thomas Stipsits, der mit seiner TV-Serie "Gemischtes Doppel" einen Comedy-Coup landete. Und was verbirgt sich hinter dem holprigen Filmtitel? Die Auflösung gibts natürlich nur im Kino!

Webseite: https://www.x-verleih.de

Österreich 2023
Regie: Claudia Jüptner-Jonstorff, Eva Spreitzhofer
Darsteller: Thomas Stipsits, Claudia Kottal, Katharina Straßer, Erwin Steinhauer, Margarethe Tiesel, Andreas Vitasek
Länge: 100 Min.
Verleih: Filmwelt
Kinostart: 6.Juli 2023

FILMKRITIK:

„Was gibt’s?“ – „Der Österreicher ist tot! Bring den besten Wein!“. Mit diesem Dialog ist gleich zum Auftakt die Tonalität für das absurde Lustspiel gesetzt. Von dieser Freude auf einer griechischen Insel ahnt Johannes (Thomas Stipsits) im entfernten Wien noch nichts. Doch bald wird dieses Ereignis das Leben des schüchternen Helden tiefgreifend verändern. Zuvor muss der konfliktscheue Johannes sich allerdings noch seiner dominanten Familie erwehren, von der selbstbewussten Freundin ganz zu schweigen.

Der von allen gerne als Versager abgestempelte Wiener hat sich längst klaglos mit seiner Rolle abgefunden. Durch ein unerwartetes Testament werden die Karten jedoch völlig neu gemischt. Spontan bucht Johannes eine aufregende Reise nach Griechenland, um sich auf einer kleinen, idyllischen Kykladen-Insel auf familiäre Spurensuche zu begeben sowie jenes mysteriöse Erbe anzutreten. Diverse neidische Gestalten stehen schnell bereit, um den naiven Ankömmling über den Tisch zu ziehen. Allen voran der geschäftstüchtige Ilias, der als Taxifahrer, Bürgermeister und Notar in Personalunion alle Schlitzohr-Register zieht. Ähnlich skrupellos agiert die wunderschöne Rina, die mit raffinierten Täuschungsmanövern ihr Ziel erreichen will. Zu allem Übel reist auch noch die Wiener Verwandtschaft an, die auf Anteile am lukrativen Erbe spekuliert. Statt einer griechischen Tragödie geschieht allerdings ein Wunder: Johannes sagt Nein! Zum ersten Mal in seinem Leben widersetzt sich der chronische Duckmäuser resolut den Forderungen und Wünschen seiner Umgebung. Selbstbewusst schmiedet er nun große Pläne für sein Erbe. Oder er erweist einem Toten die letzte Ehre mit Hilfe eines riesigen Joghurt-Eimers.

Mit der feinsinnigen TV-Serie „Gemischtes Doppel“ hat Comedian Thomas Stipsits sein außergewöhnliches Talent für Timing und Situationskomik großartig unter Beweis gestellt und sich als Nachfolger von Gerhard Polt empfohlen. Seine dortige Partnerin Katharina Straßer tritt nun als nicht minder ulkige Verlobte auf. Dass sich das Ehepaar im wahren Leben kurz vor den Dreharbeiten getrennt hat, beeinträchtigt die spürbar stimmige Chemie der beiden erstaunlicherweise kaum. Als Koautor konnte Stipsits sich diese Rolle auf den Leib schreiben. Er verkörpert als kauzige Parsifal-Version den naiven Helden, der von allen ausgenutzt wird, bis er über sich hinauswächst und endlich sein Leben selbst in die Hand nimmt.

Als leidenschaftlicher Griechenland-Urlauber war für den Autor und Schauspieler die sonnige Kykladen-Insel der perfekte Schauplatz. Das übrige Ensemble hat die Dreharbeiten an den paradiesischen Stränden gleichermaßen sichtlich genossen. Dass die Figuren allesamt aus der Klischee-Kiste kommen, ist bei einer Comedy kaum hinderlich. Was zählt, sind situationskomische Verwicklungen und Missverständnisse. Und damit kann diese mit Ösi-Stars besetzte Comedy durchaus punkten: von absurden Beerdigungen über streunende Katzen bis hin zu sexsüchtigen Hippies im Seniorenalter. Was es mit „dem laufenden Huhn“ nun auf sich hat? Das Geheimnis wird hier nicht verraten. Nur so viel: Des Rätsels Lösung ist genauso lässig läppisch wie der gesamte Film.

 

Dieter Oßwald