Grigris’ Glück

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Mit „Grigris’ Glück“ erlebt nun schon der dritte Film von Mahamat-Saleh Haroun einen Start in den deutschen Kinos, was fraglos für die Qualitäten des im Tschad geborenen Regisseurs spricht, die sich diesmal weniger im politischen finden, als in einer gelungenen Mischung aus Genrekino und Sozialdrama.

Webseite: www.temperclayfilm.de

Tschad/ Frankreich 2013
Regie, Buch: Mahamat-Saleh Haroun
Darsteller: Souleymane Démé, Anais Monory, Cyril Guei, Marius Yelelo, Hadje Fatime N’Goua
Länge: 101 Minuten
Verleih: Templerclayfilms
Kinostart: 9. April 2015
 

FILMKRITIK:

Er ist der König der Nacht: Grigris (Souleymane Démé), Mitte 20, ein großer, schlanker Mann, der sich im Anzug und blütenweißen Hemd über die Tanzflächen der Nachtclubs bewegt und bewunderten Applaus bekommt. Dass er diese Eleganz trotz eines lahmen Beins erlangt, merkt man zunächst nicht, in der Nacht spielt die Behinderung keine Rolle, am Tag jedoch schon. Da stolpert Grigris mühsam durch die staubigen Straßen von N’Djamena, der Hauptstadt des zentralafrikanischen Staates Tschad, unterstützt seine Mutter (Hadje Fatime N’Goua) bei mühseligen, schlecht bezahlten Botendiensten oder hilft im Fotogeschäft seines Onkels (Marius Yelelo) aus. Dort lernt er auch die schöne Mimi (Anais Monory) kenne, die von einer Karriere als Model und Schauspielerin träumt, sich momentan jedoch noch von reichen Männern aushalten lässt - unter anderem vom zwielichtigen Moussa (Cyril Guei), in dessen Fänge auch Grigris bald gerät.

Bald landet Grigris’ Onkel im Krankenhaus, die Rechnung ist hoch, doch das Geld mit legaler Arbeit aufzutreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit. Mehr aus Sympathie denn aus wirklichem Vertrauen lässt Moussa Grigris bei seinen Schmuggelaktivitäten mitmachen, doch schon der erste Versuch, Benzin aus dem ölreichen Nachbarstaat Nigeria über den Fluss zu bringen, führt fast zur Katastrophe. Immer tiefer gerät Grigris in die kriminelle Unterwelt, immer verzweifelter werden seine Versuche, nicht nur Geld aufzutreiben, sondern mit Mimi ein neues, ein freies Leben zu beginnen.

Viele Aspekte dieser Handlung erinnern an Kolportage-Geschichten, an die typischen Klischees eines ehrlichen Kerls, der durch widrige Umstände zu unüberlegten Taten getrieben wird, dabei auch noch mit einer Hure mit Herz anbändelt und sich gegen finstere Elemente zur Wehr setzen muss. An der Oberfläche ist „Grigris’ Glück“ also ein klasssicher Genre-Film, bedient sich plakativer Erzählformen, ist bisweilen rasant und actionreich, also ganz und gar nicht das, was man von einem afrikanischen Film erwartet. Im Gegensatz zu seinen beiden letzten Filmen „Daratt“ und „Ein Mann, der schreit“, die sich unmittelbar mit den Folgen des Bürgerkriegs auf die Gegenwart des Tschads beschäftigten, verzichtet Mahamat-Saleh Haroun diesmal auf offensichtliche politische Analyse.

Doch unter der Kolportage-Oberfläche erzählt er auch hier viel über die soziale Realität des Tschad, zeigt die schwierigen Lebensbedingungen, die karge Arbeit, die Verführungskraft des Nachtlebens, von Geld, schönen Frauen, einem Wohlstand, der kaum mit legalen Mitteln zu erreichen ist. Zusammengehalten wird der Film von seinem Hauptdarsteller Souleymane Démé, der hier seine erste Rolle spielt. Gerade das Unprofessionelle seines Spiels macht dabei den Reiz aus, verleiht „Grigris’ Glück“ oft eine fast dokumentarische Authentizität.

Ein sehenswerter Blick auf das Leben in einer afrikanischen Großstadt, ein Sujet, das im westlichen Blick auf Afrika praktisch nicht existent ist.
 
Michael Meyns