Gunpowder Milkshake

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Ein Film, der vor allem als ein exzessives Stück Pastiche funktioniert: Die französisch-deutsche Co-Produktion „Gunpowder Milkshake“, die der Israeli Navot Papushdo geschrieben und inszeniert hat, macht da weiter wo Tarantino aufhört und zeigt Frauen, die so geschickt im Töten sind, wie das scheinbar „starke Geschlecht“. Wenn man so will ein blutiges Stück Emanzipationskino.

Website: https://www.studiocanal.de/kino/gunpowder_milkshake

Frankreich/ Deutschland/ USA 2020
Regie: Navot Papushado
Buch: Navot Papushado, Ehud Lavski
Darsteller: Karen Gillan, Lena Headey, Paul Giamatti, Angela Bassett, Michelle Yeoh, Carlo Gugino, Chloe Coleman, Ralph Ineson, Adam Nagaitis, Michael Smiley
Länge: 114 Minuten
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 2.12.2021

FILMKRITIK:

Sam (Karen Gillan) ist Profikillerin. Für eine nicht weiter beschriebene Gangsterorganisation, die nur „Die Firma“ heißt, bringt sie Menschen um. Doch nun hat sie jemanden getötet, der einen wichtigen Vater hat, der nun auf Rache aus ist. Vor vielen Jahren war ihre Mutter Scarlet (Lena Headey) in einer ähnlichen Situation und damals wie heute war der Mittelsmann Nathan (Paul Giametti). In einem Diner trifft er seine Angestellten, gibt ihnen über einem Milkshake den neuen Auftrag und immer wieder neue Waffen. Doch diesmal steht er vor einem Problem: So groß seine Sympathien für Sam auch sind, seine Bosse wollen sie tot sehen und so geht die Jagd los.

Ausgerechnet in einer Bibliothek findet Sam Unterstützung, bei alten Freundinnen ihrer Mutter, den Bibliothekarinnen Florence (Michelle Yeoh), Anna May (Angela Bassett) und Madeleine (Carla Gugino), die ihr mit Rat und Tat und guten Büchern aushelfen: Doch in den Werken von Jane Austen, Charlotte Bronte oder Emily Dickenson findet Sam keine Lebensweisheiten, sondern ein Arsenal an Waffen. Doch nicht nur mit scharfer Munition erledigt sie ihre Gegner, sondern mit so ziemlich jedem Gegenstand, der nur ein wenig spitz, scharf oder schwer ist.

Natürlich ist es nicht neu, Frauen in Männerrollen zu denken, natürlich hat es im Lauf der Filmgeschichte und besonders in den letzten zwei, drei Jahrzehnten immer wieder Filme gegeben, die die klassischen (Kino-)Verhältnisse umgedreht haben und das vermeintlich „schwache Geschlecht“ in extremer, auch blutiger Aktion gezeigt haben. Man darf davon ausgehen, dass dem israelischen Regisseur Navot Papushado und seinem Co-Autor Ehud Lavski als das bewusst ist, dass sie die entsprechenden Filme kennen, dass sie bewusst einen Film gedreht haben, der vor allem als exzessives Stück Pastiche funktioniert.

Kaum ein Bildeinfall, kaum ein Handlungsmoment in „Gunpowder Milkshake“ wirkt original, von der mysteriösen Organisation, die an Keanu Reeves Gewaltorgie „John Wick“ erinnert, über das betont diverse Team weiblicher Killer, die direkt aus Tarantions „Kill Bill“ zu stammen scheint, vom ironischen Einsatz bekannter Popsongs, bis zur bonbonbunten, hyper-künstlichen Ästhetik, die die Gewalt noch absurder erscheinen lässt.

Hervorragend inszeniert ist das, zu weiten Teilen in Berliner Studios und echten Orten der Hauptstadt gedreht, im alten Kongresszentrum etwa, dessen futuristische Architektur dem Geschehen eine ganz besondere Note gibt. Zumal „Gunpowder Milkshake“ pure Oberfläche ist, ein Exzess an Pose und Attitüde, in der makellose Menschen, in coolen Klamotten exzessive Gewalt ausüben. Man mag das moralisch verurteilen, andererseits wird hier nur das konsequent durchexerziert, was nicht nur im Kino in den Köpfen der Menschen langsam Realität wird: Was Männer können, können Frauen genauso gut.

Michael Meyns