Happy Ending – 70 ist das neue 70

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Eine originelle Geschichte, motivierte Schauspieler und eine inspirierte Regie, alles gut gewürzt mit Humor - die putzmuntere dänische Seniorenkomödie um eine Trennung nach fast 50 Ehejahren ist ein gutes Beispiel für einen Film, der neben Spaß und Unterhaltung auch eine angemessene Portion Tiefgang bietet.

Webseite: www.camino-film.com

Dänemark 2018
Regie: Hella Joof
Darsteller: Birthe Neumann, Kurt Ravn, Charlotte Sieling, Marianne Høgsbro, Tammi Øst, Rikke Bilde, Emilie Koppel
Länge: 100 Minuten
Verleih: Camino
Kinostart: 7. November 2019

FILMKRITIK:

Als Peter mit knapp 70 endlich in Rente geht, freut sich seine Frau Helle schon auf tolle Reisen zu zweit und ruhige Stunden in trauter Zweisamkeit. Endlich mal wieder was gemeinsam unternehmen, endlich zusammen das Leben genießen! Doch da liegt sie gewaltig schief, denn Peter hat, ohne sie zu fragen, die gesamten Rücklagen in ein österreichisches Weingut investiert. Der Schock ist groß und geht an Helles Substanz, die folgende Ehekrise führt zur Trennung, und der verwöhnte Peter zieht ins Haus der Tochter. Helle steht nun allein da. Es dauert eine Weile, bis sie sich erholt, doch die anfänglichen Einsamkeitsattacken sind bald überwunden, und Helle richtet sich langsam in ihrem neuen Leben ein. Sie findet ganz unerwartet ausgerechnet in ihrer Bankberaterin eine neue Freundin. Und siehe da: Es geht ihr immer besser. Währenddessen bereut Peter die Trennung schon, was ihn aber nicht davon abhält, sich bei einem Datingportal anzumelden. Obwohl die folgende Verabredung mit einer leicht hysterischen Frau kein Erfolg ist, lädt er sie ein, mit ihm gemeinsam eine Hochzeit zu besuchen, auf der er Helle treffen wird. Vielleicht taugt die Möchtegern-Femme fatale wenigstens dazu, die eigene Noch-Ehefrau eifersüchtig zu machen? Aber er hat die Rechnung ohne Helle gemacht, die sich vorgenommen hat, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.
 
Das ist zwar eine Emanzipationsgeschichte, aber kein feministischer Film – auch wenn die Sympathien der Autorin eindeutig auf Seiten von Helle liegen. Offenbar lag es der Autorin Mette Heeno am Herzen, eine realistische Alltagsgeschichte zu erzählen und sie mit ein paar frechen zusätzlichen Details aufzupeppen. Das ist eindeutig gelungen. So sind Helles Freundinnen deutlich origineller als sie selbst, denn Helle (sehr liebenswert: Birthe Neumann) kommt zumindest am Anfang als ziemlich biedere Hausfrau des Weges. Doch das wird sich bald ändern. Der Worcaholic Peter (Kurt Ravn als Gewohnheitsmacho) blickt misstrauisch, aber auch zunächst wohlwollend interessiert auf die Veränderung seiner Frau.
 
Während zu Beginn die Situationskomik überwiegt, kommen ab der Hälfte die ernsthafteren Aspekte mehr zur Sprache. Zum Schluss gibt es dann fürs Publikum noch eine kleine Überraschung. Natürlich geht es insgesamt ums Älterwerden, wobei die kleinen und großen Sorgen und Nöte des spätehelichen Sexuallebens mit angemessener Diskretion angesprochen werden. Die schwindende Attraktivität, ob eingebildet oder nicht, spielt ebenso eine Rolle wie körperliche Malaisen, aber eben auch Mut zum Neuanfang und dazu, Wünsche und Hoffnungen auszuleben. Hella Joof als Regisseurin gelingt es unter Zuhilfenahme eines flotten Soundtracks, dies alles und noch viel mehr auf eine sehr optimistische Art zu präsentieren, ohne jemals die Ebene der freundlichen Schmunzelkomödie zu verlassen. 
 
Gaby Sikorski