Seit langem lebt die deutsche Schauspielerin Franka Potente in den USA und hat nun auch ihren Debütfilm „Home“ in ihrer Wahlheimat angesiedelt. Sie erzählt von der dunklen Seite des amerikanischen Traums, von Armut, Drogenmissbrauch und der Schwierigkeit, sich nach einer Gefängnisstrafe wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Ein unpathetisches, unspektakuläres Sozialdrama.
Website: www.weltkino.de/filme/home
Deutschland/ Frankreich/ Niederlande 2020
Regie & Buch: Franka Potente
Darsteller: Jake McLaughlin, Kathy Bates, Aisling Franciosi, Derek Richardson,
Länge: 100 Minuten
Verleih: Weltkino
Kinostart: 29.7.2021
FILMKRITIK:
Auf seinem Skateboard, bekleidet mit einem Trainingsanzug und sehr vielen Tattoos macht sich Marvin Hacks (McLaughlin) auf den Heimweg. Nach 17 Jahren im Gefängnis kehrt er zurück in seine kalifornische Heimatstadt Newhall, wo er einst im Drogenrausch eine Frau ermordet hat. Willkommen heißen ihn wenige, doch seine im Sterben liegende Mutter Bernadette (Kathy Bates) macht seine Rückkehr nötig.
Deren Krankenpfleger Jayden (Lil Rel Howery) ist einer der wenigen, die Marvin nicht mit Argusaugen betrachten und ihm eine zweite Chance geben wollen. Und auch Delta (Aisling Franciosi) hat Sympathie für Marvin obwohl sie die Enkelin der getöteten Frau ist. Zudem ist Delta Krankenschwester und verdient sich mit dem Verkauf gestohlener Medikamente etwas dazu. Medikamente, mit denen sie auch Marvins Kindheitsfreund Wade (Derek Richardson) versorgt. Wade war damals Zeuge, konnte seinen Freund Marvin aber nicht zurückhalten und versucht seitdem sein Versagen mit Drogen zu vergessen. Im Bemühen, ein anderer Mensch zu werden, Reue für seine Tat zu zeigen, steht Marvin schließlich auch der Priester der Gemeinde (Stephen Root) bei, der Liebe und Vergebung predigt, so wie auch Franka Potentes Film.
Es mutet ein wenig seltsam an, dass sich die deutsche Schauspielerin Franka Potente, die vor inzwischen über zwanzig Jahren mit „Lola Rennt“ ins Gesicht der Öffentlichkeit stürmte, dieses Thema für ihren Debütfilm ausgesucht hat. Zwar lebt Potente seit Jahren in Amerika, ist dort verheiratet und hat Kinder, doch ihr Blick auf die sozialen Zustände Amerikas ist notgedrungen einer von außen.
Viel ist in den letzten Jahren zwar in allen Medien über die enorme Anzahl von inhaftierten geschrieben und gesprochen worden, über die wachsende Unterschicht, in der der zunehmende Missbrauch von schmerzstillenden Opiaten, die leicht zum Tod führen können, zu einer eigenen Pandemie geworden ist. Doch die Ursachen und Folgen dieser Plage sind vielfältig und lassen sich gewiss nicht durch die gutgemeinte Forderung nach Achtsamkeit und Vergebung lösen.
Ein wenig naiv mutet „Home“ dadurch an, auch wenn Potentes Blick auf die gezeigte Welt erfreulich unpathetisch bleibt. Bis auf Kathy Bates hat sie meist weniger bekannte Schauspieler gewählt, die trotz der oft dramatischen, emotionalen Szenen zurückhaltend und gerade deswegen überzeugend agieren. Mit fraglos großer Empathie schildert Potente Szenen aus der amerikanischen Unterschicht, zeigt das Leben der anderen Hälfte, jener Hälfte, für die die Versprechungen des amerikanischen Traums immer in unerreichbarer Ferne bleiben werden.
Michael Meyns