Endzeitfilme gibt es, nicht erst seit der Corona-Pandemie, in Hülle und Fülle. Selten geraten sie aber derart kurios wie die von den erzkonservativen Angel Studios auf den Weg gebrachte Produktion „Homestead“, eine Adaption der „Black Autumn“-Buchreihe nach Jeff Kirkham und Jason Ross. Das postapokalyptische Drama verbindet höchst gegensätzliche Ideen – und ist auch deswegen am Ende nicht mehr ernst zu nehmen.
Über den Film
Originaltitel
Homestead
Deutscher Titel
Homestead
Produktionsland
USA
Filmdauer
112 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Smallbone, Ben
Verleih
Kinostar Theater GmbH
Starttermin
05.06.2025
Zwei junge Männer schippern mit ihrem Boot vor der Küste von Los Angeles und zünden plötzlich eine nukleare Bombe. Den Grund für ihr Handeln erfahren wir in den nachfolgenden zwei Stunden ebenso wenig wie ihre Identität. Eine von vielen Leerstellen in Ben Smallbones Untergangsvision „Homestead“, in der die zivile Ordnung in den Vereinigten Staaten nach der Detonation rasch zusammenbricht.
Während der Staat offenbar machtlos ist, zumindest nicht sichtbar als Krisenmanager in Erscheinung tritt, wissen manche Bürger sofort, wohin sie sich im Angesicht der Katastrophe wenden müssen: das titelgebende Anwesen in den Rocky Mountains, das dem auf die Apokalypse vorbereiteten Milliardär Ian Ross (Neal McDonough) und seiner Ehefrau Jenna (Dawn Olivieri) gehört.
Auf den Weg zu diesem Prepperparadies macht sich auch der frühere Elitesoldat Jeff Eriksson (Bailey Chase) mit seiner Familie, da er und andere alte Militärkollegen den Komplex gegen anstürmende Bittsteller und Flüchtlinge absichern sollen. Vor dem Tor des weitläufigen Grundstücks schlagen mit der Zeit immer mehr um Schutz flehende Menschen auf. Soll man sie wirklich draußen sitzen lassen, nur das eigene Wohl im Blick behalten? Oder ist es an der Zeit, die Homestead-Anlage in eine Arche zu verwandeln?
Der Beginn der Katastrophe wird mit einfachen, aber prägnanten Mitteln inszeniert. Ein glutroter Himmel über Los Angeles und wackelnde Haushaltsgegenstände sind gespenstische Vorboten des aufziehenden Chaos, das sich irgendwie auch in das Drehbuch hineingefressen hat. „Homestead“ ist erstaunlich konfus erzählt. So werden beispielsweise manche Figuren bedeutungsschwanger eingeführt, nur um dann eine ganze Weile fast komplett in der Versenkung zu verschwinden.
Reichlich ungelenk wirkt auch der willkürlich eingestreute, oft salbungsvolle Voice-over-Kommentar von Jenna Ross, der dem Geschehen krampfhaft Tiefgründigkeit verleihen soll. Ohne großen Erfolg, sollte man schnell hinterherschieben! Weder eine aufkeimende Liebesgeschichte noch der Vater-Sohn-Konflikt rund um Ex-Soldat Eriksson versehen den Film mit der behaupteten emotionalen Ausdruckskraft. Wie auch, wenn Gedanken meistens bloß angerissen werden!?`
Warum so viele Stränge und Fragen offenbleiben, erschließt sich immerhin am Ende. Dann nämlich, wenn klar wird, dass der Film lediglich eine Art Geschmacksanreger für die gleichnamige Serie ist, mit der die Angel Studios Zuschauer an sich binden wollen. Dass man da den Kinosaal bedient verlässt, muss wahrlich nicht verwundern.
Allemal erstaunlich ist hingegen die völlig widersprüchliche Ausrichtung von „Homestead“. Einerseits suhlen sich die Macher, ganz auf der antibürokratischen Linie Donald Trumps liegend, in tiefer Abneigung gegen staatliche Stellen und zelebrieren eine Shoot-first-talk-later-Haltung, wie sie der amtierenden US-Präsident in seinen Reden schon häufig durchschimmern ließ. Andererseits legt sich in der zweiten Hälfte ein mit dickem Pathos beschworener Appell an Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft über die Handlung. Selbst wenn alle Stricke reißen, alle Dämme brechen, muss sich der Mensch nicht in eine egoistische Bestie verwandeln – das ist die eigentlich löbliche Botschaft, die im Kontext dieses so plump zusammengebastelten Endzeitdramas aber jegliche Wucht verliert. Was nach rund zwei Stunden übrigbleibt, sind religiöser Kitsch und eine verkorkste Dramaturgie.
Christopher Diekhaus