Human – Die Menschheit

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Es ist ein echtes Mammutprojekt, das der Franzose Yann Arthus-Bertrand („Home“) mit „Human – Die Menschheit“ gestemmt hat. In 60 Ländern der Erde sprach er mit mehr als 2000 Menschen. Aus den rund 500 Stunden Rohmaterial montierte der Filmemacher eine über dreistündige Dokumentation, die nun in einer 143-minütigen Fassung in den Lichtspielhäusern startet. Thematisch kreist der erstaunlich kurzweilige Interviewfilm um die universelle Frage: Was bedeutet es, ein Mensch zu sein?

Webseite: www.24bilder.net

OT: Human
Frankreich 2015
Regie: Yann Arthus-Bertrand
Länge: 143 Min.
Verleih: Polyband, Vertrieb: 24 Bilder
Kinostart: 20. Oktober 2016
 

FILMKRITIK:

Bekannt wurde der französische Fotograf und Journalist Yann Arthus-Bertrand für seine ausgefeilten Luftbildfotografien, die er 2009 in seinem ersten Kinofilm „Home“ verwendete. In „Human“ kommen nun ebenfalls spektakuläre Bilder zum Einsatz, etwa von einem Sandsturm oder einem übervollen Wellenbad. Solche Aufnahmen dienen allerdings nicht wie in „Home“ als Hauptattraktion, sondern als Zwischenstücke. Im Zentrum stehen die Interviews, die Arthus-Bertrand aus einer immer gleich bleibenden, frontalen Draufsicht zeigt. Die Gesprächspartner sitzen vor einem neutralen schwarzen Hintergrund, blicken dem Publikum direkt in die Augen und erzählen ihre Anekdoten.
 
Die Menschen aus aller Herren Länder berichten von essentiellen menschlichen Gefühlen, von der Suche nach Glück und grundlegenden Facetten des Menschseins. Die Montage gliedert die Interviews nach Themen wie Religion, Familie, Migration, Krieg oder Globalisierung. Widersprüche schließt Yann Arthus-Bertrand nicht aus: Auf den Bericht eines Palästinensers, dessen Tochter von einem israelischen Soldaten erschossen wurde, folgt ein Israeli, der seine Tochter bei einem Selbstmordanschlag verlor. Und ein Mörder lernt ausgerechnet von der Mutter seines Opfers, was Liebe bedeutet. Glück und Schmerz liegen in Arthus-Bertrands Montage nah beieinander und die Gesichter der namenlosen Interviewpartner avancieren zu Landschaften, aus denen der Betrachter eine breite Palette an menschlichen Gefühlen lesen kann: Angst, Scham, Liebe und Begehren, Hoffnung und Verzweiflung.
 
In eine glasklare Struktur gefasst deckt der punktuell von Trommelmusik begleitete Dokumentarfilm ein außerordentlich breites Spektrum menschlicher Regungen ab, die implizit im Kontext gesellschaftlicher Rahmenbedingungen verortet werden. Für Yann Arthus-Bertrand ist „Human“ in erster Linie ein politischer Film, der den wirtschaftlich abgehängten Bevölkerungsteilen der Erde eine Stimme verleiht. Eine Episode zeigt beispielsweise ein modernes indisches Hochhaus. Auf jeder Etage befindet sich ein privater Swimming Pool, doch erbaut wurde das Gebäude von Bauern, die ihre Heimat verlassen mussten, weil es dort kein Trinkwasser mehr gab.
 
 
Christian Horn