Hundswut

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„Hundswut“ basiert nicht auf einem tatsächlich überlieferten Fall einer Hexenverfolgung, ist aber inspiriert von einem der letzten solcher Prozesse und verlagert in ein bayerisches Dorf des Jahres 1932 – zu einer Zeit, als alles im Umbruch war und die Machtergreifung der Nationalsozialisten wenig später stattfand. Daniel Alvarengas Film ist gelungen, zeigt er doch den Wahnsinn, den religiöses Eifern, aber auch das Suchen nach einem Sündenbock erzeugen.

Website: www.hundswut.de

Hundswut
Deutschland 2024
Regie: Daniel Alvarenga
Buch: Daniel Alvarenga
Darsteller: Markus Brandl, Christine Neubauer, Christian Tramitz, Hejo von Stetten
Länge: 124 Minuten
Verleih: Der Filmverleih
Kinostart: 4. April 2024

FILMKRITIK:

Rund um ein Dorf in Bayern geschehen Morde. Kinder und Frauen werden bestialisch verstümmelt und umgebracht. Zuerst glaubt man, ein Wolf könnte daran schuld sein, dann jedoch wird allen klar, dass es ein Mensch gewesen sein muss. Welcher, ist da fast schon nicht mehr von Belang. Ein Mann, den man zum Sündenbock machen kann, wird eingesperrt und soll zum Geständnis gezwungen werden. Denn verhandelt wird nach dem Regelwerk des berüchtigten Hexenhammers, der aber voraussetzt, dass der Schuldige auch gesteht. Immer mehr steigern sich die Dorfbewohner hinein, den vermeintlich Schuldigen zum Geständnis zu zwingen, um ihn danach aburteilen zu können.

Der in bayerischer Mundart gedrehte Film ist mit gut zwei Stunden vielleicht einen Tick zu lang, versteht es dafür aber, diese ganz besondere Gemengelage an Dorfleben, der Angst vor den Anderen, den Fremden, den Zugewanderten und der immer schriller werdenden Suche nach einem Schuldigen zu einem brodelnden Ereignis zu machen. Denn die Stimmen der Vernunft verstummen immer weniger. Stattdessen übernimmt ein Dorfrat, der in seinen Mitteln immer drastischer wird. Der Mikrokosmos des Dorfes, er könnte auch sinnbildlich für ein Land stehen, das sich ab 1933 in die Fänge des Bösen begeben hat – und das aus gänzlich freiem Willen.

Daniel Alvarenga lässt die Aufgeklärtheit der Moderne auf den Aberglauben des Althergebrachten stoßen. Daran reibt sich der Film, weil er das Publikum automatisch auf die Seite des Opfers, aber auch der einzigen Stimme der Vernunft, des Schullehrers, zieht. Er lässt wundern, wie Menschen zu derartigem Handeln fähig sein können, wie sie an Dämonen und Hexen glauben und diesem Glauben entsprechend handeln können – bis hin zum konsequenten und damit umso schmerzhafteren Ende, das mit einer Kollektivschuld daherkommt, die erneut auf die kommende Zeit verweist.

Der Film ist in seiner Inszenierung naturalistisch, die Schauspieler sind durch die Bank hervorragend – sei es Christian Tramitz in einer ungewohnt ernsten Rolle, aber auch Max Schmidt als eifernder Pfarrer, den man ansonsten als gutmütigen Wirt aus den Eberhofer-Filmen kennt.

„Hundswut“ ist ein starker Film, der seiner Sprache und der benutzten Dialekte wegen, aber wohl nur ein sehr begrenztes Publikum ansprechen wird.

Peter Osteried