Ich bin dann mal weg

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Über vier Millionen Exemplare wurden in Deutschland von Hape Kerkelings Selbstfindungsbuch "Ich bin dann mal weg" verkauft, was zu erhöhten Pilgerzahlen auf dem Jakobsweg führte und nun zu dieser Verfilmung. In der wählt Julia von Heinz einen betont leichten Tonfall, der Kerkelings Buch noch gefälliger macht, als es eigentlich ist, aber durchaus zu bewegen weiß.

Webseite: www.film.info/ichbindannmalweg

Deutschland 2015
Regie: Julia von Heinz
Buch: Jane Ainscough, Sandra Nettelbeck, Christoph Silber, nach dem Buch von Hape Kerkeling
Darsteller: Devid Striesow, Martina Gedeck, Karoline Schuch,Katharina Thalbach, Annette Frier
Länge: 92 Minuten
Verleih: Warner
Kinostart: 24. Dezember 2015
 

Pressestimmen:

"Ein Weihnachtsgeschenk mit Zufriedenheitsgarantie. Jungregisseurin Julia von Heinz präsentiert eine rundherum wunderbar frische Geschichte. Und Devid Striesow überzeugt als Kerkeling... Da möchte man am liebsten gleich selbst den Rucksack packen."
STERN

FILMKRITIK:

Anfang des Jahrtausends befand sich der Entertainer Hape Kerkeling auf dem Höhepunkt des Ruhms, war erfolgreicher TV-Star, dazu über alle Maßen beliebt, aber trotz allem nicht wirklich zufrieden. Nach einem Hörsturz und der Entfernung der Gallenblase beschloss er, eine Auszeit zu nehmen und den legendären Jakobsweg zu wandern, um am Ende in Santiago de Compostela im besten Fall etwas zu finden, vielleicht sich Selbst, vielleicht eine Erkenntnis. Was er auf seiner gut fünfwöchigen Wanderung erlebte, schrieb Kerkeling auf und veröffentlichte den Text 2006 unter dem Titel "Ich bin dann mal weg". Der Rest ist deutsche Buchgeschichte: Millionen Leser, tausende Nachahmer, die dazu beitrugen, den Jakobsweg immer weiter von einer kontemplativen Selbstfindung zu entfernen und zu einem Spektakel der organisierten Sinnsuche zu machen.

Im Buch ist diese Ironie immer wieder präsent, auch Julia von Heinz' Verfilmung deutet den Widerspruch an, in teils großen Gruppen den Jakobsweg zu wandern, des Abends in überfüllten Herbergen zu übernachten, täglich Stempel zu sammeln, um am Ende eine hübsche, goldgerahmte Urkunde in Empfang nehmen zu können. Der Tonfall, den sie dabei wählt, ist betont gefällig, wozu auch Hauptdarsteller Devid Striesow passt, der Kerkeling erstaunlich ähnelt. Anfangs noch deutlich fülliger, von Zigaretten und Rotwein genährt, macht sich der Entertainer auf den Weg und begegnet auf seinem Weg vor allem vielen Frauen: Zum einen ist da die introvertierte Stella (Martina Gedeck), die Kerkeling mit weisen Ratschlägen bedenkt und nur langsam ihre Verletzlichkeit offenbart. Ganz anders als die burschikose Journalistin Lena (Karoline Schuch), mit der sich Kerkeling immer wieder Wortduelle liefert, bis auch sie zu seiner Wandergefährtin wird. In der Heimat hält seine Agentin Dörte (Annette Frier) die Stellung, und auch in den sporadisch eingestreuten Rückblenden bestimmt mit Omma Bertha (Katharina Thalbach) eine Frau das Geschehen.

Ob diese überproportionale Bedeutung von Frauen im Leben des offen schwulen Kerkelings eine tiefere Bedeutung haben, bleibt offen, wie so vieles. Und hier zeigt sich die Schwierigkeit der Adaption eines Buches, das sich zwar um die persönliche Frage der Sinnsuche drehte, beschrieb, wie ein erfolgreicher, aber kurz vor dem Burn-Out stehender Künstler über sich und sein Leben nachdenkt, aber eben bewusst keine deutliche Antwort gab. Insofern war "Ich bin dann mal weg" ein eher untypischer Vertreter der in den letzten Jahren immer beliebteren Selbstfindungs- oder Selbsthilfebücher, die oft glasklare Lösungen versprachen.

In der Verfilmung wird diese auf dem Papier angenehme Episodenstruktur zu einem bisweilen etwas beliebig dahinplätschernden Aneinanderreihen von Szenen, die nur lose von einem Voice Over-Kommentar zusammengehalten werden. Der besondere Humor Kerkelings, der oft subtiler funktionierte, als die leichte Oberfläche eines Songs wie "Das ganze Leben ist ein Quiz" suggeriert, vermag die gefällige Verfilmung nicht anzudeuten. Freunde des Buchs dürfte das nicht stören, das Wiedererkennen bekannter Szenen dürfte in diesem Fall zusammen mit den bekannten Hauptdarstellern für einen leidlich vergnüglichen Kinoabend ausreichen.
 
Michael Meyns