Im Namen der Tiere

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Ein brennendes Plädoyer für eine zumindest vegetarische Ernährung, für den Verzicht auf Tierversuche und Pelz ist "Im Namen der Tiere", eine Dokumentation von Sabine Kückelmann. Mit schonungslosen, oft schwer zu ertragenden Bildern zeigt sie das Grauen der Massentierhaltung auf, lässt Wissenschaftler und Philosophen zu Wort kommen, die eigentlich keinen Grund übrig lassen, Tiere zu essen.

Webseite: www.wfilm.de

Deutschland 2015
Regie: Sabine Kückelmann
Dokumentation
Länge: 103 Minuten
Verleih: w-Film
Kinostart: 17. November 2016

FILMKRITIK:

Dezidiert nicht für Veganer und Vegetarier hat Sabine Kückelmann ihren Film gedreht, denn die kennen die Bilder der Massentierhaltung ohnehin schon, haben ihren Lebensstil aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen längst umgestellt. Inzwischen sind rund 10% der deutschen Bevölkerung Vegetarier, doch warum Essen 90 % der Bevölkerung noch Tiere, auch wenn vieles dagegen spricht?
 
Früher, zu Beginn der Entwicklung der Menschheit, war das Essen von Tieren überlebensnotwendig, doch diese Zeiten sind längst vorbei. Inzwischen werden so genannte Nutztiere in Ställen, ja, Fabriken gehalten, die unzumutbar sind, werden gemästet, als Produkt betrachtet und nach einem kurzen, oft qualvollen Leben geschlachtet. Möglichst "human", wie es oft heißt, aber was soll das bedeuten? In Bezug auf den Menschen würde es vollkommen absurd erscheinen, von "humanem Mord" oder "humaner Vergewaltigung" zu sprechen, erklärt ein Philosoph, warum gegen wir uns in Bezug auf Tiere also mit dieser Erklärung zufrieden? Warum halten Millionen Menschen in Deutschland Haustiere, behandeln ihre Hunde und Katzen wie Familienmitglieder, deren Gesundheit ihnen am Herzen liegt, deren Tod Trauer auslöst, haben andererseits aber überhaupt kein Problem damit, Tiere zu essen?
 
Immer wieder weißt Kückelmann auf diesen merkwürdigen Widerspruch hin, auf den ihre Interviewpartner kaum befriedigende Antworten haben: Wir sind es eben gewohnt, Tiere zu essen, haben diese Form der Ernährung seit Generationen verinnerlicht, hinterfragen es nicht, wenn uns die Eltern oder Großeltern, Fleisch vorsetzen. Vielleicht sind hier ähnliche psychologische Muster am Werk, die es dem Menschen erlauben, Krieg zu führen und dabei das ansonsten selbstverständliche Gebot, nicht zu töten, zu ignorieren.
 
Grauenvolle Bilder aus Kriegsgebieten haben bislang jedenfalls ebenso wenig den nächsten Krieg verhindert, wie die grauenvollen Bilder von Massentierhaltung und Schlachtbetrieben das Essen von Tieren diskreditiert hätten. Und Kückelmann spart nicht mit schwer zu ertragenden Bildern von ausblutenden Schweinen, apathisch blickenden Schafen, dem Schlachten von Hunden in asiatischen Ländern und vielen anderen Szenen des Grauen. Vielleicht weil wir es eben gewohnt sind, Essen wir Tiere, denn in anderen Bereichen fällt es leichter, Tiere zu schützen: Im letzten Drittel der Dokumentation geht es um Pelze und Tierversuche, zwei Bereiche also, bei denen die Ablehnung durch weite Teile der Bevölkerung deutlich höher ist. Doch warum? Weil es kein besonderer Verlust ist, keinen Pelz zu tragen, weil es offensichtlich verwerflich ist, an wehrlosen Mäusen oder Affen zu experimentieren? Warum funktioniert diese Logik nicht, wenn es um das Essen von Tieren geht? Viele Fragen wirft "Im Namen der Tiere" auf, Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind und jeder Zuschauer sich selbst stellen sollte. Nicht nur zum Wohle der Tiere, sondern auch zum wohl der Menschheit, denn auf Dauer wird es der Planet nicht überstehen, dass jedes Jahr sagenhafte 185 Milliarden Tiere geschlachtet werden, Tendenz steigend.
 
Michael Meyns