Im Tal von Elah

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Die zweite Regiearbeit von Paul Haggis („L.A. Crash“) ist ein weiterer amerikanischer Film, der sich mit den Auswirkungen des Irak Kriegs beschäftigt. Im Mittelpunkt steht allerdings nicht das unmittelbare Geschehen im Irak, sondern die Folgen, die der Krieg auf die Psyche der heimkehrenden Soldaten hat. Eingebettet in eine oft sehr generische Krimi-Handlung wird der Film von der herausragenden Darstellung Tommy Lee Jones getragen, der auf subtile Weise den Wandel eines Vaters vom überzeugten zum skeptischen Patrioten veranschaulicht.

Webseite: www.inthevalleyofelah.com

OT: In the Valley of Elah
USA 2007
Regie: Paul Haggis
Buch: Paul Haggis
Kamera: Roger Deakins
Schnitt: Jo Francis
Musik: Mark Isham
Darsteller: Tommy Lee Jones, Charlize Theron, Susan Sarondon, James Franco, Josh Brolin, Jonathen Tucker, Jason Patric
124 Minuten, Format: 1:2,35 (Scope)
Verleih: Concorde
Kinostart: 6. März 2008

PRESSESTIMMEN:

Eine gelungene Regiearbeit von Paul Haggis ("L.A.Crash") mit einem tollen Tommy Lee Jones.
KulturSPIEGEL

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FILMKRITIK:

Kaum von seinem Einsatz im Irak zurückgekehrt, verschwindet Mike Deerfield (Jonathan Tucker) unerlaubt von seinem Stützpunkt. Ein Anruf bei seinem Vater Hank (Tommy Lee Jones), selbst ein ehemaliger Soldat, der bei der Militär-Polizei beschäftigt war, setzt die Ereignisse in Gang. Hank macht sich auf den Weg zu Mikes Stützpunkt in Fort Rudd, New Mexiko, um selbst in Erfahrung zu bringen, was mit seinem Sohn geschehen ist. Kurz nach seiner Ankunft wird die zerstückelte, bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche Mikes gefunden. Die örtliche Polizei hat wenig Interesse an dem Fall und ist froh ihn der Jurisdiktion des Militärs zu übergeben. Dort allerdings hat man an einem möglichen Skandal ebenso wenig Interesse und bemüht sich schnelle, einfache Antworten zu geben.

Schon hier zeigt sich die erfreuliche Vielschichtigkeit des Films. Immer wieder werden juristische Spitzfindigkeiten angedeutet, die Oberflächlichkeit der Ermittlungen betont, die Frage gestellt, welche Konsequenzen es hat, wenn eine Institution wie die Armee über sich selbst zu Gericht sitzen darf. Im Gegensatz zu dem oft plakativen „L.A. Crash“, der die latenten Rassenprobleme Los Angeles mit wenig subtiler Symbolik auflud, schafft es Haggis hier, die Krimi-Handlung unterschwellig zu vertiefen. Ganz nebenbei zeichnet er so das Bild einer Armee, die auf primitiven, fleischlichen Gelüsten aufgebaut ist, die sich in Striplokalen und Oben Ohne-Bars abspielt. 

Der Blick des Zuschauers ist dabei der eines Ex-Soldaten, der ähnliches selbst erlebt hat, es inzwischen, als älterer Mann, zwar nicht mehr gutheißt, aber auch nicht prinzipiell verurteilt. Diesem Kunstgriff verdankt der Film die Subtilität seiner Aussage. Je weiter Mike Deerfield – zusammen mit der Polizistin Emily Sanders (Charlize Theron) – ermittelt,  je mehr er über das Leben seines Sohns im Irak erfährt, über dessen zunehmende Verrohung, die Drogen und den Sex, desto mehr realisiert er, wie dieser Krieg seinen Sohn verändert hat. Deerfield steht hier für so viele amerikanische Familien, in denen es selbstverständlich ist seinem Land zu diesen. Jede neue Generation tritt der Armee bei, kämpft in immer neuen Kriegen und gibt diesen extrem ausgelebten Patriotismus an die folgenden Generationen weiter. Doch die Kriege haben sich geändert, von der moralischen Eindeutigkeit des Zweiten Weltkriegs ist nichts mehr geblieben. Schon nach Vietnam wurden die Veteranen mit den seelischen Folgen ihres Handels allein gelassen und viel geändert hat sich daran bis heute nichts.

So ist es nur konsequent, dass die Auflösung des Mordfalls schließlich vollkommen banal daherkommt. Die Vorstellung, dass es möglich ist, die Grauen eines Krieges auf dem Heimflug hinter sich zu lassen, die Automatismen, die im Krieg nötig sind, um zu überleben, einfach abzuschalten, werden als pure Illusion entlarvt. Langsam wächst diese Erkenntnis in Deerfield, in Tommy Lee Jones Gesicht, der mit minimaler Gestik die zunehmende Verzweiflung eines Vaters spürbar greifbar macht, der nun auch seinen zweiten Sohn durch einen Krieg verloren hat. Dass ist – wie der Großteil des Films – so überzeugend, dass man auch die potentiell aufdringliche Symbolik des letzten Bildes akzeptiert. Da wird ein Bild vom Anfang des Films wiederaufgenommen: Eine umgedrehte Flagge, in der Seefahrt das Notzeichen eines Schiffs, hier das einer ganzen Nation.
 

Michael Meyns

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Die Entsendung ihrer Soldaten in den „Irak-Krieg“ ist für die Amerikaner ein großes Problem geworden. Jetzt beginnen sich die Filme über das Thema zu mehren. „Im Tal von Elah“ ist einer davon. Die meisten Produktionen sind äußerst Bush-kritisch, seine Politik wird ohnehin nur noch von einer Minderheit getragen.

Der junge Mike Deerfield diente 18 Monate im Irak. Nun ist er wieder zurück. Aber plötzlich verschwindet er. Nach kurzer Zeit wird er ermordet und zerstückelt aufgefunden. Was ist geschehen? Mike war mit drei Kameraden auf Sauftour. Was wissen diese über den mysteriösen Tod? In einem Widerspruch nach dem anderen verheddern sie sich.

Mikes Vater Hank, Vietnam-Veteran, macht sich in der Nähe des Armeestützpunktes in New Mexico selbst auf die Suche. Die Militärs, die Behörden, und auch die an Ort und Stelle mit der Aufdeckung des Mordes beauftragte Detektivin Emily Sanders sind lange alles andere als kooperativ. Doch sie haben nicht mit Hank gerechnet. Der ist unnachgiebig, stur, zielstrebig. 

Er und seine Frau müssen herausfinden, was geschah. Langsam bringt Sanders Verständnis auf für Hank. Die Hintergründe von Mikes Tod eröffnen Abgründe. Nur die schrecklichen Bilder, die Mike während der Irak-Zeit dem Vater schickte, ließen etwas Schlimmes erahnen.

Der Film zeigt eine doppelte Tragik auf: zum einen die Kämpfe, in die die Soldaten verwickelt werden; die täglichen mörderischen Vorkommnisse; die für die jungen Menschen verlorene Zeit; das Alleinsein; die Sinnlosigkeit dieses Krieges überhaupt – denn wie soll das gehen, dass der Westen der muslimischen, von Stammesstrukturen und religiösen Gegensätzen geprägten östlichen Welt sein System aufzwingen will?

Zum anderen die Folgen und persönlichen Traumata, unter denen die Heimgekehrten leiden. Darüber ist Mike zusammengebrochen und aus der Bahn geworfen worden. Er hatte die Wahl, entweder eventuell selbst erschossen zu werden oder ein Kind zu überfahren.

Tief in die Problematik eindringend das glänzend geschriebene Drehbuch, gekonnt die Regie, verblüffend gut wieder die Hauptdarsteller – kein Wunder, denn Tommy Lee Jones (Hank Deerfield), Charlice Theron (Emily Sanders) und Susan Sarandon (Mikes Mutter) spielen.

Ein politisch und menschlich wichtiger, ein spannender, ein in jeder Beziehung geglückt gestalteter Film.

Thomas Engel