Indiana Jones und das Rad des Schicksals

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Auch wenn Hauptdarsteller Harrison Ford schon lange das Rentenalter erreicht hat und sich augenscheinlich nicht mehr ganz problemlos bewegen kann: Der Versuchung, einen fünften und vermutlich letzten Indiana Jones-Film zu drehen, war für den Disney-Konzern zu verführerisch. Das Ergebnis nennt sich „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“, bringt die üblichen Ingredienzen zusammen – Archäologie, rasante Action, Nazis – und vertraut darauf, dass die Nostalgiegefühle des Publikums noch groß sind.

Indiana Jones and the Dial of Destiny
USA 2023
Regie: James Mangold
Buch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, David Koepp, James Mangold.
Darsteller: Harrison Ford, Phoebe Waller-Bridge, Mads Mikkelsen, Antonio Banderas, John Rhys-Davies, Shaunette Renée Wilson, Thomas Kretschmann, Toby Jones,

Länge: 142 Minuten
Verleih: Disney
Kinostart: 29. Juni 2023

FILMKRITIK:

1945. Einmal mehr hat es Indiana Jones (Harrison Ford) mit Nazis zu tun. Ziel der Begierde von Archäologen wie Herrenmenschen ist die Antikythera, eine mechanische Gerätschaft, die an ein Uhrwerk erinnert, einst von Archimedes gebaut wurde und – festhalten – Zeitreisen ermöglichen soll. Während Jones von seinem Kollegen Basil Shaw (Zoby Jones) unterstützt wird, ist sein Gegner der Nazi-Wissenschaftler Jürgen Voller (Der Däne Mads Mikkelsen mit arg gebrochenem Deutsch).

Nach der ersten von zahllosen Verfolgungsjagden, die auf unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln vom Zug, über Autos, bis zu Pferden durchgeführt werden, springt die Handlung ins Jahr der Mondlandung: 1969. Jones ist inzwischen ein reichlich abgehalfterter Uni-Professor in New York, geschieden und desillusioniert. Erst der Besuch seiner Patentochter Helena Shaw (Phoebe Waller-Bridge) haucht ihm neues Leben ein, denn wie ihr Vater Basil ist sie besessen von der Idee, das Rätsel der Antikythera zu lösen und vielleicht sogar durch die Zeit zu reisen. Doch Helena hat alte Bekannte im Schlepptau: Nazis.
Über 40 Jahre ist es nun schon her, dass Indiana Jones in „Jäger des verlorenen Schatzes“ das Licht der Leinwände erblickte, erdacht von George Lucas und Steven Spielberg, intendiert als Hommage an klassische B-Pictures. Zwei Fortsetzungen komplettierten bis Ende der 80er Jahre eine der besten Trilogien der Filmgeschichte, doch dabei blieb es nicht.

„Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ hieß es 2008 und schon hier war von der einstigen Magie und Originalität kaum noch etwas zu spüren. Weitere 15 Jahre später, Harrison Ford ist inzwischen 80 Jahre alt, hatte nun selbst Steven Spielberg offenbar genug von der Reihe und überließ dem soliden Handwerker James Mangold die Regie. Der macht seine Sache auch ordentlich, was angesichts der Möglichkeiten eines Budgets, das auf gut 300 Millionen Dollar geschätzt wird, allerdings auch nicht ganz so schwer ist. Eine gigantische Konfettiparade, mit der in New York die vom Mond zurückgekehrten Astronauten begrüßt werden zählt zu den optischen Highlights des Films, auch eine Verfolgungsjagd durch die Kasbah Tangers ist rasant, wenn auch konventionell gefilmt. Dass etliche Szenen unter Wasser spielen, etwa ein Tauchgang nach einer versunkenen Galeere, mag wiederum dem Alter des Hauptdarstellers geschuldet sein, denn in den trägen Bewegungen unter Wasser lässt sich die Trägheit des Alters gut kaschieren.

Doch etwas fehlt in diesem Abenteuer, das an sich all die Elemente zusammenbringt, die einen Indiana Jones-Film auszeichnen: Die berühmte Musik, der Hut, die Peitsche, ein mysteriöses archäologisches Artefakt, das in den Bereich der religiösen Mystik reicht. Etwas zu sehr am Reißbrett ausgedacht mutet das an, allzu berechnend, allzu sehr darauf bedacht, sich mit Zitaten und Anspielungen auf die frühen Filme abzusichern und dem Wunsch nach Nostalgie zu genügen. Von den offensichtlich nicht Tod zu kriegenden Nazis, bis zu einem Sidekick namens Teddy, der überdeutlich an den legendären Short Round aus dem zweiten Teil erinnert, über Gastauftritte von etlichen alten Kameraden. Das ist behelfsmäßig, lässt sich weggucken, ohne das es wehtut, entbehrt aber der Originalität, die die Original-Trilogie so gut machte. Allein in den letzten 20 Minuten wagen die Drehbuchautoren eine ebenso bizarre wie originelle Volte, nach der man sich wünscht, dass der ganze Film sich in ähnliche Gefilde gewagt hätte und man sich nicht mit auf Nummer Sicher gehen begnügt hätte.

 

Michael Meyns