It’s Raining Men

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Hübsch frivole Komödie um die Pariserin Iris, eine Frau um die 50, die sich dank einer Dating App nicht mehr vor Liebhabern retten kann. Mit viel Spaß am Sex – und vollkommen ohne schlechtes Gewissen – wird Iris nicht nur zu einer äußerst gefragten Geliebten, sondern der fortgesetzte freudvolle Ehebruch bringt sie schließlich auch und nicht unbedingt überraschend, aber folgerichtig ihrem Mann wieder näher, mit dem sie schon seit Jahren nur noch das Bett, aber keine Lust mehr geteilt hat.
Besonders das einsatzfreudige, manchmal geradezu übermütige Spiel der tollen Hauptdarstellerin Laure Calamy („Call My Agent“) macht den Film zum ebenso unterhaltsamen wie prickelnden Kinoerlebnis, das mit Witz und französischem Charme die Wiederentdeckung der Weiblichkeit feiert.

Webseite: https://www.x-verleih.de/filme/its-raining-men/

Frankreich 2023
Regie: Caroline Vignal
Drehbuch: Caroline Vignal, Noémie De Lapparent
Darsteller: Laure Calamy, Vincent Elbaz, Suzanne de Baecque, Sylvain Katan, Laurent Poitrenaux, Ism
Kamera: Martin Roux
Komponist: Benjamin Esdraffo

Länge: 98 Minuten
Verleih: X-Verleih
Start: 9. Mai 2024

FILMKRITIK:

Die Pariserin Iris ist eine vielbeschäftigte und gefragte Zahnärztin mit einer großen Praxis, auch privat ist alles in bester Ordnung, zumindest bei oberflächlicher Betrachtung. Iris hat zwei gut erzogene Töchter und einen immer noch flotten Ehemann Stéphane (Vincent Elbaz) mit zumindest optisch einwandfreien LatinLover-Qualitäten. Aber leider, leider haben Iris und Stéphane über Kind und Kegel und Karriere ihre eigene Beziehung vernachlässigt. Sie lieben sich, aber im Bett läuft schon seit Jahren nichts mehr. Iris liest nachts offensiv Ratgeberbücher für sexuell frustrierte Frauen, aber nicht einmal dieser Wink mit dem Zaunpfahl bringt Stéphane zum Nachdenken bzw. zum Handeln. Für die direkte Ansprache fehlt Iris der Mut. Umso überraschender ist es für sie, als sie zufällig erfährt, dass es für ihr Problem eine einfache Lösung gibt: eine Dating-App, spezialisiert auf die Vermittlung von unverbindlichen Sex-Abenteuern. Ein paar Selfies später ist schon das Profil erstellt, und zu Ines‘ großer Freude läuft die Chose gleich gut an. Anfangs ist sie noch ein bisschen schüchtern, doch in erstaunlich kurzer Zeit entwickelt sich Ines von einer unbefriedigten Ehefrau zur gefragten Geliebten. Die Männer fliegen ihr praktisch zu, sie kann sich vor Lovern nicht mehr retten. Und dabei geht es Iris immer besser. Vollkommen ohne jedes schlechte Gewissen genießt sie ihre kleinen und größeren Eskapaden. Dabei hält sie zwar ihre heimlichen Dates streng geheim, was immer schwieriger wird und immer mehr Aufwand erfordert, doch der Sex mit den oft viel jüngeren Männern bereichert nicht nur Iris‘ immer längere Mittagspausen, sondern steigert auch ihr Selbstvertrauen. Und irgendwann fällt sogar Stéphane auf, dass seine Frau zu neuem Leben und zu neuer Weiblichkeit erblüht ist.

Die leichte Komödie will vor allem eines: unterhalten. Das klappt gut angesichts einer Story, die alles andere als spießig ist und ohne jeden moralischen Zeigefinger auskommt. Caroline Vignal hat gemeinsam mit der Co-Autorin Noémie de Lapparent eine Geschichte konstruiert, die davon erzählt, wie eine Frau genussvoll ihre Sexualität wiederentdeckt. Damit macht sie sich selbst genauso glücklich wie die Männer, mit denen sie es treibt – und das ist irgendwie sehr französisch und ziemlich charmant.

Laure Calamy, die Sekretärin Noémie in „Call my Agent“, ist als Iris ein echtes Naturereignis. Mit viel Temperament und unglaublicher Energie spielt sie dieses Vollblutweib als sexy Frau, die den Moment und das Leben genießt und überhaupt ziemlich genau weiß, was sie will: die pure Lust. Und die bringt sie förmlich zum Strahlen, wobei sie immer jünger und hübscher wirkt. Es scheint tatsächlich, als ob Iris durch ihr erfülltes Sexualleben wieder zum Teenie und zu einem frivolen jungen Mädchen entwickelt, das sich durch den Alltag kichert und mit ihren Sprüchen vom Rumknutschen und Rumvögeln sogar die eigenen pubertierenden Töchter schockiert.

Dabei zeigt Laure Calamy die ganze Palette ihres Könnens, einschließlich ihres beträchtlichen komischen Talents: Sie spielt zu Beginn die zurückhaltende Ehefrau – bei ihrem Osteopathen kann sie kaum verstecken, wie sehr seine Berührungen sie sexuell anturnen. Dabei legt Laure Calamy ordentlich Koketterie und komödiantischen Eifer in ihr offensives Spiel. Später ist sie dann mit großem Einsatz je nachdem mal die Verführerin oder die Verführte, wenn es um neue Sexkontakte geht. Aber sie verliert dabei nie den Kopf. Sie verliebt sich nicht in die Männer, sie fordert und bietet unverbindlichen Sex zur Erfüllung ihrer Leidenschaft. Caroline Vignal verzichtet dabei auf explizite Sexszenen. Stattdessen überlässt sie es der Fantasie des Publikums, wie Iris bei ihren verschiedenen Lovern von einem Höhepunkt zum nächsten kommt.

Beinahe beiläufig gibt es ein paar hübsche, witzige Ideen, die in die Handlung eingearbeitet werden und manchmal an ein Musical erinnern: Dazu gehört Iris und ihr Tanz zum titelgebenden Song. In einer anderen Szene werden plötzlich alle Männer, mit denen Iris in der Metro fährt, zu potenziellen Liebhabern. Sehr schön auch, wie Iris mit niemals erlahmender Begeisterung ihre Matches und Messages abruft und dabei als einzige von ihrem Handy nicht genervt wird. Auch wenn hier und da die Gagdichte etwas nachlässt und die inhaltlichen Höhepunkte schütter werden, bleibt der Film unterhaltsam, und zwar vor allem dank der scheinbar grenzenlosen Energie, mit der Laure Calamy wie ein niedlicher, fröhlicher Gummiball durch ihren Film springt. Und natürlich ist es auch mal ganz schön, einen Film zu sehen, in dem eine Frau über das Ausleben ihrer Sexualität den Weg zu sich selbst und zu ihrer Partnerschaft zurückfindet. Das hat etwas erfreulich Unmoralisches, und auch das ist irgendwie sehr französisch. Avec plaisir.

 

Gaby Sikorski