Jam

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Die Absurdität der menschlichen Existenz, von Zufällen geprägt und geleitet: Das ist die Welt, in der der japanische Regisseur Sabu seine Geschichten ansiedelt. Auch sein neuer Film „Jam“ erzählt von mehreren Figuren von den Rändern der Gesellschaft, die auf lange mysteriöse Weise verbunden sind, bis sich am Ende einer in Momenten pointierten und originellen Geschichte ihre Wege kreuzen.

Webseite: rapideyemovies.de

Japan/ Deutschland 2018
Regie & Buch: Sabu
Darsteller: Shô Aoyagi, Mariko Tsutsui, Keita Machida, Nobuyuki Suzuki, Hayato Onozuka, Kanta Satô
Länge: 102 Minuten
Verleih: Rapid Eye Movies
Kinostart: 26. Dezember 2019

FILMKRITIK:

Hiroshi (Shô Aoyagi) ist Schnulzensänger, der seine überaus kitschigen Liebeslieder vor einem ausschließlich weiblichen Publikum vorträgt. Die nicht mehr ganz jungen Damen jubeln ihm dabei zu und analysieren in der anschließenden Gesprächsrunde jede Textzeile auf versteckte Implikationen.
 
Sein größter Fan - zumindest in ihren Augen - ist die 55jährige Masako (Mariko Tsutsui), die kein Konzert ihres Idols verpasst. Mit genervter Freundlichkeit nimmt Hiroshi ihre Geschenke an, würgt sogar einen Schluck Suppe runter, den sie ihm nach einem Konzert anbietet. Ein großer Fehler, denn die folgenden Magenkrämpfe setzen ihn außer Kraft. Gefesselt und geknebelt wacht er auf und findet sich in Masakos Wohnung wieder, wo er für seinen Fan ein ganz persönliches Lied schreiben soll.
 
Takeru (Keita Machida) arbeitet als Chaufeur, macht sich jedoch vor allem Gedanken darüber, wie er drei gute Taten vollbringen kann. Die wären nämlich laut eines Wahrsagers notwendig, um seine Freundin aus dem Koma zu wecken, in dem diese liegt, nachdem sie bei einem Überfall angeschossen wurde.
 
Und schließlich Tetsuo (Nobuyuki Suzuki), der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und nun Rache bei seinen halbstarken Ex-Freunden sucht, die ihn haben sitzen lassen. Besonders gern mit dem Hammer geht Tetsuo auf seine Feinde los und schiebt ansonsten seine an Alzheimer erkrankte Großmutter im Rollstuhl durch die Gegend.
 
Durch und durch japanisch hört sich diese Beschreibung an, wie ein Potpourri aus bekannten Motiven, Verweisen an Filme und Mangas, gemischt mit viel Skurrilität. Das Autor und Regisseur Sabu diese Versatzstücke lange Zeit einfach nur nebeneinander stellt, lässt „Jam“ oft etwas zäh wirken, wie ein Blick in eine etwas zu bemüht absurd wirkende Welt, in der jede Figur auf ihre ganz eigene Weise seltsam wirkt.
 
Stückwerk ist das lange, denn bis die Fäden dann zum großen Finale zusammenlaufen, kann nicht das große Ganze überzeugen, sondern liegt die Last auf den einzelnen Episoden und Figuren. Und die sind nicht immer so pointiert und originell wie es nötig wäre, wie es Sabu selbst auch in Filmen wie „Monday“ oder „Unlucky Monkey“ vorgeführt hat.
 
Nur in Phasen gelingt es ihm. in „Jam“ neben der Absurdität auch die Tragik seiner Figuren anzudeuten, die in einer nicht zu kontrollierenden Welt versuchen, die Kontrolle zu bewahren. Spielbälle sind sie allesamt, die das Schicksal zusammenführt, deren Wege sich kreuzen, beeinflussen, die sich verletzen, aber auch retten. In seinen besten Momenten gelingt es Sabu auch in „Jam“, auf unterschwellige Weise vom vergeblichen Versuch zu erzählen, sein Schicksal zu kontrollieren und dem Chaos der Existenz, Ordnung zu verleihen.
 
Michael Meyns