Julian Schnabel – A Private Portrait

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Ein Portrait des Künstler und Filmemacher Julian Schnabel ist Pappi Corsicatos Dokumentation „Julian Schnabel – A Private Portrait“ ohne Frage, allerdings ein betont freundliches, unkritisches. Was nicht überrascht, sind Corsicato und Schnabel doch Freunde, was zwar zu einigem intimen Filmmaterial führt, allerdings auch dazu, dass eine komplexe Diskussion von Schnabels Kunst und Persönlichkeit nicht stattfindet.

Webseite: www.facebook.com/JulianSchnabel.DerFilm/

Dokumentation
Italien 2017
Regie: Pappi Corsicato
Länge: 82 Minuten
Verleih: Weltkino
Kinostart: 11. Januar 2018

FILMKRITIK:

Er gilt als einer der erfolgreichsten, aber auch umstrittensten Maler seiner Generation, manche verehren, andere verachten ihn, manche bewundern ihn für seine Larger-Than-Life-Persönlichkeit, andere bezeichnen ihn als Selbstdarsteller. Die Rede ist von Julian Schnabel, der Anfang der 80er Jahre auf der New Yorker Kunstszene auftauchte, mit riesigen Gemälden, deren Grundlage zerbrochenes Geschirr war. Etwas ganz Neues waren diese Bilder, die perfekt in die exzessiven achtziger Jahre passten, in der es um alles andere als Bescheidenheit ging. Noch viel wichtiger als die eigentliche Kunst war vielleicht sogar der Künstler selbst, seine Persönlichkeit, und auch da überzeugte Schnabel. Ein großer, schwerer Mann, der mit einem Übermaß an Selbstvertrauen auftrat, es sich bald angewöhnte in Schlafanzügen aufzutreten, mit Warhol, Basquiat, Haring und all den anderen Größen der New Yorker Kunstszene befreundet war und sich nicht um Konventionen scherte.
 
In den 90er Jahren begann er Filme zu drehen, zunächst „Basquiat“ über seinen viel zu jung verstorbenen Künstler-Freund, dann „Before Night Falls“ über den Exil-Kubaner Reinaldo Arenas, schließlich seinen größten Erfolg „Schmetterling und Taucherglocke“, in dem er auf visuell überbordende Weise imaginierte, wie sich ein Mensch fühlt, der bewegungslos im eigenen Körper eingesperrt ist.
 
Ohne Frage ein abwechslungsreiches Leben, gesäumt von berühmten Freunden, diversen Kindern von diversen Frauen, jedoch keineswegs so frei von Kontroversen, wie es in Pappi Corsicato „Julian Schnabel – A Private Portrait“ den Anschein hat. Corsicato ist seit langem mit Schnabel befreundet und nutzt seinen Zugang zu Schnabel weidlich aus. Spannendes Bildmaterial aus allen Phasen des Schaffens hat er zusammengestellt. Bilder des jungen Schnabels, wie er riesige Leinwände bearbeitet, sich teils mit Kränen hoch hieven lässt, um die überlebensgroßen Planen zu bemalen. Dazu Interviews mit Familienmitgliedern und Freunden, berühmten Freunden vor allem, von Willem Dafoe über Al Pacino zu Jeff Koons und Laurie Anderson, die ausschließlich Positives, nein, Begeistertes über Schnabel zu berichten haben.
 
Klar, man kann kaum erwarten, dass ein Freund Kritisches über Schnabel sagt, aber das Maß an Verklärungen und Elogen, die Corsicato hier zusammenfügt, sind auf Dauer doch ein wenig befremdlich. Reicht es nicht, dass Schnabel ein bedeutender Künstler ist? Muss er gleich der bedeutendste seiner Generation sein? Reicht es nicht, dass er ungewöhnliche Filme gedreht hat? Müssen es gleich einige der größten Meisterwerke seiner Zeit sein? Bezeichnenderweise wird dann auch die vierte Regiearbeit Schnabels mit keinem Wort erwähnt, denn den allgemein als schwer missglückt bezeichneten „Miral“ begeistert zu feiern, wäre wohl selbst in dieser Hagiographie zu viel gewesen.
 
Spannend und faszinierend ist Schnabels Leben ohne Frage, insofern kann auch ein unkritischer Film wie dieser gar nicht uninteressant sein. Ein klein wenig mehr kritische Distanz, ein wenig Eingehen auf die kontroversen Diskussionen, die über Schabel und seine Kunst geführt wurden und werden, hätte aus einer Eloge jedoch einen vielschichtigeren Film gemacht.
 
Michael Meyns