Kann das Liebe sein?

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Die älteste Geschichte der Welt neu zu erzählen ist ein äußerst schwieriges Unterfangen. Auch Pierre Jolivet gelingt das in seiner Liebeskomödie nur teilweise. Dass er die Liebe als ein Mysterium behandelt, der man das Geheimnisvolle nicht rauben sollte, ist ein ebenso vergnüglicher wie anregender Ansatz. Auch die pointierten und mit trockenem Humor versetzten Dialoge sind ein dicker Pluspunkt des Films. Doch die Geschichte entwickelt sich recht konventionell und verglichen mit dem verbalen Feuerwerk bleibt die Bildsprache etwas blass. Gleichwohl ein sehenswerter Film – auch dank einer starken Sandrine Bonnaire.

Webseite: www.arsenalfilm.de

OT: Je crois que je l´aime
F 2007
Regie: Pierre Jovilet
Buch: Pierre Jovilet, Simon Michael
Darsteller: Sandrine Bonnaire, Vincent London, Francois Berléand, Liane Foley, Kad Mérad
Dauer: 90 Minuten
Verleih: Arsenal Filmverleih
Kinostart: 19. Juli 2007

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Der Geschäftsmann Lucas (Vincent London) verkörpert alle Eigenschaften eines erfolgreichen Unternehmers. Er mimt das Alpha-Tier, geht mit seinen Handys wie mit Revolvern um und hält sein Personal mit kurzen Kommandos auf Trab. Doch es gibt einen wunden Punkt. Die Konkurrenz schleuste eine attraktive Frau in seine Firma ein und er tappte prompt in die Liebesfalle. Seitdem ist Lucas in amourösen Angelegenheiten äußerst misstrauisch. 

Als er sich für die Künstlerin Elsa (Sandrine Bonnaire) zu interessieren beginnt, die in der Eingangshalle seiner Firma ein Keramik-Fresko gestaltet, startet er mit Hilfe des Detektivs Roland (Francois Berléand) ein Spionage-Programm, als gälte es, ein feindliches Unternehmen auszuspähen. Überwachungskameras und Mikrofone sollen Antworten auf die Fragen liefern, warum die attraktive Elsa solo ist und ob sie irgendwelche exzentrischen Macken hat.

Nebenbei will der Liebes-Spion die Vorlieben und Wünsche seiner Angebeteten in Erfahrung bringen, um bei passender Gelegenheit zuverlässig bei ihr punkten zu können. Doch die Strategie „Vorsprung durch Technik“ geht nicht auf, weil das Geheimkommando natürlich nicht geheim bleibt.

Die Liebe lässt sich nicht steuern und kontrollieren wie ein Geschäftsvorgang. Das ist die Antwort auf die Filmtitel-Frage „Kann das Liebe sein?“ In allerlei Varianten spielt die Komödie durch, dass die Entwicklung und Dynamik großer Gefühle prinzipiell unberechenbar und die Liebe ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang ist. Wer versucht, sie zu kontrollieren, verscheucht sie nur. 

Das muss Lucas immer wieder schmerzlich erfahren. Seine geheim gewonnenen Informationen sind oft banal oder führen auf falsche Fährten. Von gewichtigen Dingen wird er überrascht – etwa dass Elsa einen Sumo-Weltmeister zu ihren Freunden zählt und unter einer Katzen-Allergie leidet. Außerdem ist die 38-jährige Künstlerin in einem Alter, in dem man sich nichts mehr vormachen lässt. Im verbalen Schlagabtausch der beiden, einem kämpferischen Flirt auf hohem Niveau, macht sie oft die entscheidenden Punkte. Sie: „Warum wollen Sie mit mir essen?“ Er: „Um mit ihnen zu essen.“ Schwacher Return.

Bonnaire und Lindon machen ihre Sache gut. Sie mimt die selbstbewusste und clevere Frau mit unwiderstehlicher Ausstrahlung. Er wandelt sich vom mäßig sympathischen Business-Gockel zum hilflosen Opfer seiner Gefühle. Anziehung und Abstoßung spiegeln sich sehr schön in den Gesichtern der beiden. Regisseur Jolivet verlässt sich allerdings zu sehr auf die Macht dieses Bildes. Viel mehr zu sehen gibt es nämlich nicht. Karge Büros, ein paar Wohnungen, ein Bus mit Abhörtechnik, das war’s dann schon. Aber zu hören gibt es etwas: Die Sängerin Feist veredelt den Film mit ihrem verspielten Lied „Gatekeeper“. 

Volker Mazassek

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Der französische Esprit lebt noch. In diesem Film ist er zu spüren.

Lucas ist der Chef einer Firma mit 700 Angestellten. Alles managt und dirigiert er mit Geschick, doch vor zwei Dingen fürchtet er sich: vor der geschäftlichen Konkurrenz – zurecht, wie sich später herausstellt – und vor einer neuen Enttäuschung in der Liebe. Denn von seiner Frau, die sich in den Staaten aufhält, lebt er getrennt, und er muss wie meist in einem solchen Falle kämpfen, nämlich um das Sorgerecht für seinen zwölfjährigen Sohn.

Da er wie gesagt in Liebesdingen ein gebranntes Kind ist, stellt er einen Detektiv an. Der soll die Künstlerin Elsa auskundschaften, die in der Eingangshalle von Lucas’ Firma ein großes Keramik-Fresco in Arbeit hat und in die Lucas sich verliebt hat.

Pannen, unvorhergesehne Termine, Ungeschicklichkeiten und jede Menge Schwierigkeiten gibt es in der sich anbahnenden Beziehung schon genug, doch als Elsa darauf kommt, dass Lucas ihr hat nachspionieren lassen, tritt das Chaos, die Apokalypse und das Jüngste Gericht auf einmal ein. Es dauert nun eine ganze Weile, bis alles sich natürlich zum Besseren wendet.

„Lieben gehört verboten, das verblödet.“ So und ähnlich lauten die oft sprühenden Dialogsätze. Und nette Handlungseinfälle hat Drehbuchschreiber und Regisseur Pierre Jolivet ebenfalls genug, etwa mit dem Handy-Geklingel in den unpassendsten Momenten, den mit dem Sumo-Ringer, den mit der 300jährigen Keramik-Geschichte – über „Wasser, Feuer, Erde“ – in Minutenschnelle oder den mit den ständig drohenden Depressionen. Eine reizende Angelegenheit.

Schon wenn man sieht, dass Sandrine Bonnaire eine der Hauptrollen spielt, weiß man, dass einen etwas Brauchbares erwartet. Und so ist es denn auch. In schlechten Filmen tritt sie nicht auf. Aber nicht nur sie, sondern auch Vincent Lindon als Lucas, Francois Berléand als Detektiv oder Albert Dray als Chauffeur Albert agieren fabelhaft.

Thomas Engel