Kaviar

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Ein österreichischer Geschäftsmann und ein russischer Oligarch wickeln einen illegalen Deal ab. Man müsse aufpassen, mahnt der Österreicher: „Sonst gibt es noch einen empfindlichen Skandal.“ Hier geben sich das Kino und das Tagesgeschehen die Klinke in die Hand - schließlich erinnert der Plot stark an das „Ibiza-Video“, das den Rechtspopulisten Heinz-Christian Strache jüngst in Bedrängnis brachte. Die vor der Causa Strache entstandene Komödie „Kaviar“ parodiert die bilaterale Korruption als Farce, wobei es der österreichisch-russischen Regisseurin Elena Tikhonova („Elektro Moskva“) vor allem auf Unterhaltung ankommt.

Webseite: www.kaviarfilm.de

Österreich 2019
Regie: Elena Tikhonova
Drehbuch: Robert Buchschwenter, Elena Tikhonova
Darsteller/innen: Margarita Breitkreiz, Daria Nosik, Sabrina Reiter, Georg Friedrich, Simon Schwarz, Mikhail Evlanov, Joseph Lorenz, Robert Finster
Laufzeit: 93 Min.
Verleih: Camino Filmverleih
Kinostart: 4. Juli 2019

FILMKRITIK:

Ein Waldesrand irgendwo in Österreich: Ein nackter Mann mit dem Kopf einer Lenin-Statue auf den Schultern soll von einem Jägerstuhl aus erschossen werden. Igor (Mikhael Evlanov), der Schütze, legt an, der Mann rennt zu heiterer Musik in Zeitlupe davon, Igor zückt eine Panzerfaust... Schon der Anfang verdeutlicht, dass „Kaviar“ kein Film leiser Zwischentöne ist, sondern das Gegenteil davon.
 
Die Hintergründe der grotesken Szene klären sich im Anschluss auf. Die Geschichte spielt in Wien und wirft allerhand Figuren in ein Spiel aus Korruption, Geldgier und Deppentum: Da ist der russische Oligarch Igor, der mitten auf der Schwedenbrücke eine Villa errichten will. Und da ist der windige Unternehmer Klaus (Georg Friedrich), der dem Russen gegen gutes Geld zur Hand geht. Dafür wird geschmiert, getrickst und gelogen, was das Zeug hält. Igors Dolmetscherin Nadja (Margarita Breitkreiz) bekommt den Deal hautnah mit und entwickelt gemeinsam mit Klaus' betrogener Ehefrau Vera (Daria Nosik) und der rebellischen Teresa (Sabrina Reiter) den Plan, die Männer auffliegen zu lassen. Immerhin geht es um satte 100 Millionen Euro...
 
In puncto Figurenzeichnung und Inszenierung setzt Elena Tikhonova durchweg auf Überzeichnung und Kurzweil. Die Übersetzerin Nadja führt die Charaktere knackig aus dem Off ein – natürlich mit lässigen Standbildern – und steuert wichtige Informationen bei. Zu den wiederholten Reißschwenks ertönt ein hibbeliges „Wusch“, zwischendurch gibt es launige Animationen und bei alldem läuft viel launige Musik. Tikhonova scheut keine Klischees, sondern häuft sie lustvoll an: Abmachungen werden in Schickeria-Clubs, Saunen oder bei der Rotwildjagd geschmiedet. Russische Frauen trinken Wodka, wenn sie traurig sind, der Vertrag wird auf eine Serviette gekritzelt und der Oligarchen-Bauplan sieht wie eine Kinderzeichnung aus – Zwiebeltürme inklusive.
 
„Wir sind hier nicht in Russland,“ betont Klaus immer wieder. Schlussendlich ist Russland aber überall dort, wo russisches Geld fließt. Das ist wohl so etwas wie die Moral von der Geschicht', denn auf den Zaster sind sämtliche Figuren heiß. Manche durchwühlen dafür vollgeschissene Dixi-Klos, andere schmieren Schokolade auf ihre Brüste. Blöd nur, wenn alles mitgefilmt wird.
 
Christian Horn