Keinohrhasen

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„Na, kleiner Mann?“, amüsiert sich Wladimir Klitschko als der Klatschreporter mitten vom Glasdach auf seine feierliche Festtafel im Berliner Luxushotel klatscht. Gerade als er Yvonne Catterfeld einen Antrag machen wollte, bricht der stadtbekannte Paparazzi als unfreiwilliger Partygast durchs Dach. Boxer und Sängerin sind echt, den Promi-Jäger indes gibt Til Schweiger alias Reporter Ludo. Schweiger ist zugleich Koautor, Koproduzent und Regisseur einer formidablen Liebes-Komödie, die durch spritzige Dialoge, gutes Timing, starke Schauspieler und viel Selbstironie überzeugt. Wie der Titel verrät, leiden einige der Beteiligten unter gewissen Mangelerscheinungen – der Film selbst indes hat alles, was eine clevere Comedy braucht. Das hohe Wiedererkennungspotenzial dürfte für viel Vergnügen bei einem wohl reichlichen Publikum sorgen.

Webseite: www.keinohrhasen.de

D 2007
Regie: Til Schweiger
Drehbuch: Til Schweiger, Anika Decker
Kamera: Christof Wahl
Schnitt: Charles Ladmiral
Darsteller: Til Schweiger, Nora Tschirner, Matthias Schweighöfer, Alwara Höfels, Jürgen Vogel, Armin Rohde, Rick Kavanian, Wolfgang Stumph, Barbara Rudnik, Christian Tramitz
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 20.12.2007

PRESSESTIMMEN:

...auf kino-zeit.de

FILMKRITIK:

Schon gehört? Jürgen Vogel hat sich von A(llerwertestem) bis Z(ähnen) runderneuern lassen. Hinten sorgt nun ein üppiges Silikonpolster für die knackigen Formen. Im Mund verhilft ein perlweißes Zahnimplantat zum strahlenden Lächeln in Überperfektion. Zudem ersetzt eine luftig lockige Zweitfrisur den legendär knappen Glatzenschnitt. Stolz präsentiert Schauspieler Vogel das neue Outfit dem Klatschreporter Ludo – doch wer zuletzt lacht, lacht am besten, ganz egal mit welchen Zähnen. Ludo glaubt, wieder einmal den enormen Exklusiv-Fisch an seiner Boulevard-Angel zu haben und bringt die Story groß im Blatt. Doch denkste, Vogel zeigt den Vogel und wollte mit dieser inszenierten Show-Einlage nur den sensationsgierigen Medien-Geier vorführen – es braucht eben, um den aktuellen Werbespruch einer großen Zeitung zu bemühen, tatsächlich immer einen, der die Wahrheit sagt. Damit aber längst noch nicht genug der Schmach für den skrupel- und zunehmend glücklosen Top-Reporter. Seinem missglückten Klitschko-Coup folgten juristische Konsequenzen: Ladykiller Ludo muss 300 Sozialstunden in einem Kinderhort ableisten. Nun prallt zusammen, was nicht zusammengehört. Wären die netten  Kinder nicht schon Strafe genug für den Berufs-Zyniker, ist Kindergartentante Anne eine alte Schulfreundin, die Ludo damals schon immer gehänselt hatte...

Fieser Frauenheld-Angeber trifft verklemmte Feministin, das geht gar nicht? Keine Sorge, was nicht passt, wird passend gemacht.

Was nach Standard-Klamotte vom Kinowühltisch klingen mag, entpuppt sich alsbald als überaus amüsantes Liebeskarussell im Vergnügungspark verunglückter Beziehungen - die kurz vor Torschluss natürlich noch allesamt happy enden. Dass der Comedy-Kuchen so luftig leicht gelingt, liegt an den guten Zutaten und dem bewährten Rezept: Man nehme exzellente Schauspieler und rühre reichlich Gastauftritt-Rosinen unter (das reicht bis zum echten roten Teppich beim Deutschen Filmpreis). Man gebe dann den beiden Helden einen besten Kumpel bei, der als Treibmittel immer wieder die richtige Dosis Situationskomik aufkommen lässt. Als Geschmacksverstärker werden witzige Dialoge und ein paar kleine Prisen Kalauer eingestreut. Alles nur ganz kurz angebraten lassen und knackig servieren.

Wer hätte je gedacht, dass Matthias Schweighöfer oder eine Nora Tschirner ein derart komödiantisches Talent entwickeln würden? Ganz zu schweigen von Alwara Höfels vom Deutschen Theater, der hier ein umwerfend ulkiger Kino-Coup gelingt. Ihr Vortrag zum Thema „Was Sie schon immer über (Frauen-)Sex wissen wollten“ dürfte beim Après-Film wohl ebenso gerne und oft von Zuschauern wiederholt werden wie lakonische Anmachsprüche à la „Wir könnten ja vielleicht zu Nordsee gehen“ oder vom Blatt abgelesene Liebesschwüre per Telefon.

Und Til Schweiger? Lässig leinwandpräsent, spielfreudig und sichtlich entspannt – in seiner Mehrfachfunktion sicher nicht immer ein Zuckerschlecken. „Der ist doch nur ein Unterwäschemodell, mehr ist das auch nicht“ hat er sich als eigene Beschreibung im Drehbuch selbstironisch ausgedacht. Dass ihm das Ende ein klein wenig zu sehr in die Länge geraten ist, kann man als kleinen Schönheitsfehler abbuchen. Schließlich sind selbst die Hasen nicht alle hasenrein – wie es der Titel ja bereits verrät…    

Dieter Oßwald