Kill Me Please

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Nach seinem Filmdebüt „Snowboarder“ von 2002 wollte sich der französische Regisseur Olias Barco umbringen, wie er im Presseheft erzählt. Ein Freund aber schlug ihm vor, doch lieber einen neuen Film zu drehen. Und das Schicksal wies ihm den Weg in eine neue Heimat: „Es gibt ein Land, das künstlerisch Zurückgewiesene akzeptiert: Belgien“. Ein Land zudem, das Perlen des Abseitigen wie „Mann beißt Hund“ oder „Die Beschissenheit der Dinge“ hervorbringt. In diese Kategorie passt Barcos Film, mit dem er 2011 das Filmfestival in Rom gewann, tatsächlich.

Webseite: www.neuevisionen.de

Originaltitel: Kill Me Please
Belgien 2010
Regie: Olias Barco
Drehbuch: Olias Barco, Virgile Bramly, Stéphane Malandrin
Darsteller: Aurelien Recoing, Virgile Bramly, Daniel Cohen, Virgine Efira, Bouli Lanners, Benoit Poelvoorde, Saul Rubinek, Zazie de Paris
95 Min., s/w, OmU
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 17.5.2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Dr. Krueger (Aurelien Recoing) hat eine Vision: Er will in seiner im Wald gelegenen Klinik das Sterben von eigener Hand würdevoll ermöglichen. Seine „Patienten“ dürfen sich wünschen, wie sie aus dem Leben scheiden, und ihnen wird ein letzter Wunsch gewährt. Den Todescocktail mit Champagner versetzt schlürfen und während eines letzten Aktes mit einer jungen Studentin sanft entschlummern? Kein Problem! Streng wird Dr. Krueger allerdings, wenn man ihn über die Beweggründe zum Suizid täuschen will. Denn wer hier sterben darf, entscheidet immer noch er selbst. So verwehrt er dem Regisseur Demanet (Benoit Poelvoorde) seinen Abgang, als er erfährt, dass der Mann nicht wie vorgegeben an Krebs im Endstadium leidet. Dass der sich dann im Bad kurzerhand die Pulsadern aufschneidet, war so nicht geplant. Und bildet den Auftakt zu einer Reihe von Unfällen, die den Klinikalltag nachhaltig erschüttern. Dann drehen auch noch die Leute aus dem nahe gelegenen Dorf durch und beginnen ein großes Morden unter den Selbstmordkandidaten.

Wer hier eine rabenschwarze Komödie erwartet, wird entäuscht. „Kill Me Please“ setzt natürlich auf Übertreibung und schlechten Geschmack, wenn etwa eine transsexuelle Operndiva mit Stimmproblemen über das männliche Klinikpersonal herfällt und ein Patient wie in einem Vietnamkriegsfilm im Wald erschossen werden will, während er mit einem Paintball-Gewehr um sich ballert. Zu Lachen gibt es trotzdem wenig. Schon die erste Episode um den todessehnsüchtigen Regisseur kommt eher ernst daher und setzt zum Abschluss auf einen blutigen Schockeffekt. Sterben ist hier eben doch kein Spaß. Auch im weiteren Verlauf navigiert Barco die bizarren Ereignisse zwischen Farce, Satire und wehmütigem Drama. Sein Film sitzt gewissermaßen zwischen den Stühlen und widersteht naheliegenden Kalauern.

Allerdings fehlt ihm die Tiefe, um dem Geschehen auf einer existenziellen Ebene Widerhall zu verleihen. Fragen rund um den Suizid und seine Bedeutung für die westliche Gesellschaft werden höchstens gestreift, wie auch Parallelen zu der Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas zwar offensichtlich sind, aber keine ernsthafte dramatische Bearbeitung finden. Als Vorbild diente Barco der Klassiker „Mann beißt Hund“ (1992, ebenfalls mit Benoit Poelvoorde), vor allem was die Bildsprache angeht: Er nutzt eine ähnlich kontrastreiche Schwarzweißfotografie, ersetzt aber den wilden Fake-Doku-Stil durch eine konventionellere Kadrage.

Oliver Kaever

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