Klassenleben

Deutschland 2005
Buch und Regie: Hubertus Siegert
Mit: Schülerinnen und Schüler der Klasse 5d der Fläming-Schule (2004), Gudrun Haase u.a.
Länge: 87 Min.
Verleih: Piffl Medien
Start: 1.9.05

Wie funktioniert eine Schule, in der Behinderte in die Klassengemeinschaft mit einbezogen werden? Geht dieses Konzept der integrativen Erziehung auf oder blockieren die großen Unterschiede den Lernalltag? Ein halbes Jahr begleitete der Filmemacher Huberts Siegert ("Berlin Babylon") eine Klasse Elfjähriger der Fläming-Grundschule in Berlin-Schöneberg.

Nicht für die Schule, sondern für das Leben soll gelernt und am besten auch gelehrt werden. Nach dem Pisa-Schock stellt sich die Frage, ob das klassische Schulsystem versagt hat, weil es ausschließlich abfragbares Wissen vermitteln will und den Menschen als soziales Wesen nur mangelhaft wahrnimmt. Die Fläming-Grundschule sammelt bereits seit 1975 Erfahrungen damit, kein Kind aus einer Klasse auszuschließen. Trotz guten Ergebnissen und weltweitem Renommee dieses integrativen Konzepts an einer Regelschule gibt es bis heute nur wenige Nachahmer.

Hubertus Siegert hat 2004 die Klasse 5d in einem Schulhalbjahr mit der Kamera begleitet. Auf Augenhöhe mit den Kindern nimmt er dabei Teil an ihrem Lernalltag, den Erfolgen und Misserfolgen, dem Stress, aber auch dem Spiel und Spaß auf dem Schulhof und bei den Proben für ein Theaterstück. Ohne ergänzenden Kommentar lässt er die Protagonisten für sich selbst sprechen. Der Zuschauer lernt von den 20 Kindern fünf näher kennen, erfährt durch ihre Augen das Geschehen. Die Lehrerin Frau Haase hält die Klasse zusammen. Sie fordert und fördert die in ihren Begabungen und Fähigkeiten so unterschiedlichen Kinder. Dabei wird sie von zwei Betreuerinnen und einigen Fachlehrern unterstützt.

Waren es in dem französischen Dokumentarfilm "Sein und Haben" Schüler unterschiedlichen Alters, die gemeinsam mit und voneinander gelernt haben, so sind es in KLASSENLEBEN Schüler unterschiedlicher Fähigkeiten. Dass gerade dieses Miteinander von nicht zu unterschätzender Bedeutung für Lernprozesse und Persönlichkeitsbildung ist, zeigen nicht nur die Aussagen der Kinder, sondern auch der Lehrerin, die durchaus mit Autorität Leistungen einfordert. Bleibt nur zu wünschen, dass solch ein integratives Konzept mehr Nachahmer findet, weil Höchstleistungen - und damit eben auch die Bildung der zur Zeit so oft beschworenen Elite - nur in einer Gesellschaft erbracht werden können, die miteinander statt gegeneinander arbeitet.

Eric Horst