Krieg der Knöpfe

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Die fünfte Verfilmung des Kinderbuchklassikers „Der Krieg der Knöpfe“ verlegt die Handlung in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der spielerische Konflikt zwischen den Jugendlichen zweier Dörfer wird so von ernsten Themen überschattet, was Christophe Barratier wie schon in seinem Erfolgsfilm „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ Gelegenheit gibt, ein nostalgisches Bild Frankreichs zu entwerfen, das vor allem durch den Witz und die Energie der Kinderdarsteller überzeugt.

Webseite: www.krieg-der-knoepfe.de

OT : La Nouvelle Guerre des Boutons
Frankreich 2011
Regie: Christophe Barratier
Buch: Christophe, Stephane Keller, Thomas Langmann, Philippe Lopes Curval, nach dem Roman von Louis Pergaud
Darsteller: Laetitia Casta, Guillaume Canet, Kad Merad, Gerard Jugnot, Jean Texier, Clement Godefroy, Louis Dussol
Länge: 100 Minuten
Verleih: Delphi Filmverleih
Kinostart: 12. April 2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Louis Pergauds berühmtestes Buch „Der Krieg der Knöpfe“ erschien 1912 und wurde schon in den 30er Jahren verfilmt. Die bekannteste Version aber entstand 1962 unter der Regie von Yves Robert und verlegte die Handlung in die frühen 60er Jahre. Das Auslaufen der Rechte an dem Roman führte nun zu der merkwürdigen Situation, dass in Frankreich binnen Wochenfrist gleich zwei Neuverfilmungen in die Kinos kamen. Während Yann Samuells Version erneut in den 60er Jahren spielt (und keinen deutschen Verleih hat) spielt die Version von Christophe Barratier 1944, in der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Zum einen erlaubt diese dramaturgische Entscheidung Regisseur und Autor Christophe Barratier erneut weit in die Vergangenheit Frankreichs zurückzublicken, wo sowohl sein Erfolgsfilm „Die Kinder des Monsieur Mathieu“, als auch sein zweiter Film „Paris, Paris“ angesiedelt waren, die Ende der 40er bzw. Mitte der 30er Jahre spielten. Vor allem ermöglicht es aber, die einfache Grundkonstellation vor historisch bedeutendem Hintergrund anzusiedeln und ihr somit größere Resonanz zu geben.

Die Ausgangssituation der Geschichte bleibt jedoch erhalten: Im beschaulichen, malerischen Süden Frankreichs befinden sich die Jugendlichen aus dem Dorf Longeverne im ständigen Konflikt mit den Jugendlichen aus dem benachbarten Velrans. Immer wieder treffen sie sich zu Scharmützeln, kleineren Prügeleien, die sich besonders in Gestalt der jeweiligen Anführer Lebrac und Aztec manifestiert. Um den Gegner zu demütigen – und ihm zusätzlichen Ärger mit den Eltern zu bereiten – schneiden sie den „Kriegsgefangenen“ Knöpfe, Schnürsenkel und Hosenträger ab. Auch zu Hause weicht Lebrac keinen Konflikt aus: Seinen Vater (Kad Merad) hält er für einen Schlappschwanz, da dieser nicht in der Résistance kämpft. Das wirft auch die schöne Simone (Laetitia Casta) ihrem Ex-Freund Paul (Guillaume Canet) – dem Dorflehrer – vor, der mit großer Ruhe und Geduld die Streiche seiner Schüler verfolgt. Wobei der seit Jahren andauernde Krieg in der Provinz kaum eine Rolle zu spielen scheint. Zumindest bis Simones angebliche Patentochter Violette bei ihr einzieht, die in Wirklichkeit ein jüdisches Mädchen ist.

In der Verfilmung von 1962 steht der Kampf zwischen den Jugendlichen im Vordergrund, der so lange eskaliert, bis die Anführer Lebrac und Aztec in einer Erziehungsanstalt landen, wo sie ihren Konflikt begraben und Freunde werden. In Barratiers Neuverfilmung jedoch wirkt der eigentliche Krieg der Knöpfe nur mehr wie ein Aufhänger, um vom Zweiten Weltkrieg zu erzählen. Berühmte Szenen der Vorlage – das eifrige Sammeln von Ersatzknöpfen, der Bau einer Hütte, das Nacktkämpfen, um dem Knopfabschneiden zu entkommen – wirken wie pflichtbewusst eingefügte Referenzen an das Original. Immer mehr wird aus dem schönen, prachtvoll inszenierten Jugendfilm, der zeigt wie Jugendliche im spielerischen Kampf mit anderen ihre Grenzen ausloten und sich selbst kennen lernen, eine Ode an ein Frankreich, dass es in dieser Form nie gegeben hat. Nach und nach entpuppt sich das ganze Dorf als Hort der Résistance, die wenigen Nazi-Kollaborateure werden als lächerliche Witzfiguren gezeichnet, der Schutz des jüdischen Mädchen eint die Dörfer und seine Menschen. Erneut huldigt Christophe Barratier hier einer verklärten Nostalgie, der mit dem Geist der Romanvorlage nur noch wenig zu tun hat. Der ist vor allem dann spürbar, wenn sich dieser neue „Krieg der Knöpfe“ weniger um die Welt der Erwachsenen kümmert, sondern ganz bei seinen jugendlichen Hauptfiguren bleibt.

Michael Meyns

1944, während der deutschen Besetzung Frankreichs. Wie das so ist, sind sich die Bewohner verschiedener Dörfer nicht immer grün. Das gilt auch für die Ortschaften Longeverne und Velrans. Die jungen Brüder Gibus werden auf dem Schulweg auf eigenem Territorium von Velransern angegriffen. Angegriffen das ginge noch, aber sie werden auch als Schlappschwänze beleidigt. Das ist zuviel, das ist der Kriegsfall.

Jetzt also Kriegszustand zwischen den Schülerbanden von Velrans und Longeverne. Einmal gewinnen die einen, einmal die anderen. Manchmal gibt es Überraschungsangriffe, manchmal treten die Longeverneser als griechische Helden auf. Wer verliert, verliert auch die Knöpfe der Hemden und Hosen. Die Anführer heißen Lebrac und Aztec.

Interessanter noch: In der Schule taucht eine Neue auf. Sie heißt (angeblich) Violetta und wird bald Lebracs Schwarm. In der Schule ist letzterer nicht besonders gut, aber wenn er
dieses Mädchen gewinnen kann, dann ist alles andere egal. Violetta heißt in Wirklichkeit Myriam und ist Jüdin. Sie muss von Mademoiselle Simone auf dem Land versteckt werden.

Und da kommt auch schon die damalige Politik mit ins Spiel: der Widerstand (Résistance) gegen die Deutschen – die Väter der Jungen sind dabei -, der Verrat der Kollaborateure, die Angst vor der Wehrmacht oder der SS, die Hoffnung, dass der deutsche Spuk nach der Landung der Alliierten bald ein Ende haben wird.

Hauptsache die Kollaborateure werden ausgebootet und Myriam wird gerettet. Der verliebte Lebrac wird warten.

Also der kleine und der große Krieg.

Das Schwergewicht liegt auf dem Spiel der Kinder. Dass sie in der Not schließlich zusammenstehen und sich versöhnen gehört mit zur Botschaft des Films.

Der „große“ Krieg wird nur angedeutet, mehr am Rande behandelt.

Die Inszenierung geht flott durch. Man kann von gutem Durchschnitt sprechen.

Beachtlich ist immerhin das Schauspielerangebot. Guillaume Canet ist der Lehrer Paul, der die Kinder vor Extremen in jeder Richtung bewahrt. Die schöne Laetitia Casta ist für den Schutz von Violetta/Myriam verantwortlich. Keine geringeren als Kad Merad und Gérard Jugnot spielen die in ihrer Art und Gesinnung so unterschiedlichen Väter von Lebrac bzw. Aztec. Bei der Auswahl der Schüler wiederum, die die kämpferischen Jungen von Longverne und Velrans darstellen, hatte man großes Glück.

Vor allem ein Film für Kinder (aber bis zu einem gewissen Grade auch für Erwachsene).

Thomas Engel