Kurs Südwest – Das Abenteuer meines Lebens

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Praktisch im Alleingang einen Film drehen, das muss man auch erst einmal hinbekommen. Der Hannoveraner Student Lukas Borchers hat genau das gemacht und sich selbst auf einer Kajak-Tour durch Frankreich gefilmt. „Kurs Südwest – Das Abenteuer meines Lebens“ heißt das Ergebnis und zeigt eine an sich eher prosaische Reise, die durch die Begeisterung, aber auch die Naivität Borchers einen ganz eigenen Reiz entwickelt.

Kurs Südwest – Das Abenteuer meines Lebens
Deutschland 2023
Regie: Lukas Borchers
Dokumentarfilm

Start

Länge: 102 Minuten
Verleih: imFilm
Kinostart: 14. September 2023

FILMKRITIK:

Kurz vor Ende seines Studiums der Wirtschaftsinformatik wollte es der damals 25jährige Lukas Borchers noch einmal wissen: Bevor er in die Bahnen des Berufslebens einbog, sollte noch einmal ein Abenteuer erlebt werden. Und da Borchers vor Jahren einmal Spaß bei einer Kajaktour hatte, beschließt er kurzentschlossen von Genf aus die Rhone entlang zu paddeln und dann an der französischen und spanischen Mittelmeerküste entlang bis nach Gibraltar.
Hört sich etwas naiv an? So wirkt es auch in vielen Momenten, wenn Borchers mit einer Art Klappkajak über den Fluss schippert, sein unhandliches Gefährt an Schleusen vorbei schleppt, mehr oder weniger gefährliche Stromschnellen durchfährt oder schließlich gar in den Fluten des Atlantiks landet. Dort geht die Reise hin, denn während der ersten Tage auf der Rhone stellt Borchers fest, dass es dort sehr viele Schleusen gibt, die das Vorankommen mehr als beschwerlich machen. Kurzentschlossen ändert er die Route, setzt per Zug zur Loire über, die ihn nach etlichen hundert Kilometern schließlich an den Atlantik führt. Per Kajak durch den bekanntermaßen gefährlichen und stürmischen Golf von Biskaya zu paddeln, dieses Unternehmen brach Borchers dann dankenswerterweise ab. Stattdessen nahm ihn ein Segelboot bis nach Camariñas, an der äußersten Nordwest Ecke Spaniens gelegen, mit, wo die Reise endete.
Was Borchers von dieser Reise mitbrachte waren gewiss viele interessante Erfahrungen, aber auch der vorliegende Film, den der schon vorher lose an Fotografie interessierte Student in Eigenregie drehte und auch schnitt. Zwei Go-Pro-Kameras waren am Kajak befestigt, bisweilen stellte er auch eine Kamera auf dem Stativ am Ufer auf, um sich beim Vorbeifahren zu filmen, zudem hatte Borchers eine kleine Drohnenkamera dabei, die eindrucksvolle Bilder ermöglichte.
Ohnehin wirkt „Kurs Südwest“ erstaunlich flüssig und professionell. Filmische Brillanz darf man zwar natürlich nicht erwarten, aber als Reisevideo, das praktisch komplett von einer Person gedreht wurde, wirkt Borchers Film doch in keiner Weise amateurhaft.
Die Unbekümmertheit und Abenteuerlust, mit der Borchers einfach mal so einen abendfüllenden Film drehte beeindruckt. Nicht erst endlos über mögliche Konsequenzen und Probleme nachdenken, sondern einfach machen, das scheint auch bei der Reise selbst das Motto des 25jährigen gewesen zu sein. Das er allein im Kajak auf Flüssen unterwegs war und stets am Ufer kampierte, sorgt zwar dafür, dass kaum andere Menschen vorkommen, sondern vor allem die unmittelbar am Fluss gelegene Landschaft. Ein filmisches Reisetagebuch ist „Kurs Südwest“ am Ende geworden, der Bericht von einem mehr als sympathischen Abenteuer, das in keiner Weise von jener Egozentrik geprägt ist, wie viele jener Instagram-Reiseprofile, bei denen sich „Influencer“ in möglichst glatten Bildern zeigen. Im Gegensatz dazu mutet Lukas Borchers Film authentisch und unprätentiös an.

Michael Meyns