La Paloma

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Ein Dokumentarfilm über 150 Jahre „La Paloma“.
Unwahrscheinlich, dass jemand die Melodie von „La Paloma“ noch nicht gehört hätte. Seit 150 Jahren weckt das vom Spanier Sebastián Iradier geschriebene Lied Sehnsüchte unterschiedlichster Art. Sammler Kalle Laar hat bislang mehr als 2000 verschiedene Versionen zusammengetragen. Einen Einblick in die Welt des international bekannten und immer wieder auch in Spielfilmen angeklungenen Songs gibt nun dieser Dokumentarfilm.

Webseite: realfictionfilme.de

Deutschland/Frankreich 2007
Regie: Sigrid Faltin
93 Minuten
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 26.06.08

PRESSESTIMMEN:

...auf film-zeit.de

FILMKRITIK:

„Als ich geboren wurde, war es schon da“, sagt in Sansibar der Sänger Makame Faki über jenes Lied, das auf Festen gerne als Abschiedslied gesungen wird und bei Hochzeiten dem Brautpaar und seinen Gästen Glück bringen soll. In der Tat ist „La Paloma“ ein Lied, das einem Glück wünscht, egal wohin die Reise geht. Durch Versionen von Hans Albers und Freddy Quinn war es in Deutschland oft in Zusammenhang mit der Seefahrt zu hören. In Mexiko erklang es im letzten Präsidentschaftswahlkampf auch in einem linkspolitischen Kontext, als Hoffnung für eine Welt ohne Krieg, ohne Rassismus und ohne Einmischung. La Paloma, die Taube, als Symbol des Friedens.

Sigrid Faltins Dokumentarfilm versucht zu ergründen, warum dieses Lied weltweit so anrührt, unabhängig von Hautfarbe und Religion. Ihre filmische Erkundungsreise führt sie ins Baskenland in die Geburtsstadt des Komponisten Sebastián Iradier, wo heute die Kirchturmglocken zur vollen Stunde „La Paloma“ schlagen. Sie besucht Havanna, wo vermutlich der Text dazu geschrieben wurde. Und natürlich durfte auch Kalle Laar nicht im Film fehlen, jener Sammler, der mittlerweile fünf CD’s mit verschiedensten Interpretationen herausgegeben hat, ohne dass diese sich den Vorwurf gefallen lassen müssten, beim Hören des immer wieder gleichen Liedes könnte es einem langweilig werden. Genau das nämlich tut es nicht – was sich auch nach Sichtung des insgesamt nur einen ganz kleinen Teil der „La Paloma“-Vielfalt beleuchtenden Filmes feststellen lässt. 

Dabei hat die Dokumentation den Vorteil, auch filmische Interpretationen in Erinnerung zu rufen. Zitiert werden Ausschnitte aus „Blue Hawaii“ (1961) von Norman Taurog mit Elvis Presley, Helmut Käutners von den Nazis verbotener „Große Freiheit Nr.7“ mit Hans Albers und der 1939 entstandene „Juarez“ von William Dieterle mit Bette Davies als Kaisergattin. Der Legende nach soll sich Kaiser Ferdinand Maximilian von Habsburg sein Lieblingslied noch einmal gewünscht haben, ehe die Truppen von Benito Juarez der österreichischen Regentschaft in Mexiko 1867 ein Ende setzten. Der jüdische Musiker Coco Schumann, der in Theresienstadt als „Ghettoswinger“ um sein Leben spielte, erzählt, wie „La Paloma“ auf dem Weg zur Gaskammer gespielt wurde. In Rumänien gehört das Lied heute noch zum festen Bestandteil von Begräbnisfeiern. 

Anders als auf der jüngsten CD-Kompilation, auf der morbide Jazzversionen, punkrockmotivierte Kracher oder in schrägem Folkrock erklingende Interpretationen von neuzeitlichen Höhenflügen des Taubenliedes künden, ist der Blick in Sigrid Faltins konventionell gestalteter Dokumentation eher rückwärts gerichtet, bzw. das, was ihre ausgewählten Interviewpartner zu erzählen haben. Verkehrt ist diese Konzentration auf ein paar wenige Schauplätze wie in Rumänien, Mexiko, Kuba, Spanien, Hawaii, Sansibar und Deutschland nicht. Wer nach dieser filmischen Einführung Sehnsucht nach weiteren, bisweilen abenteuerlichen Interpretationen verspürt, wird in den beim Münchner Trikont-Label verlegten Tonträgern seine Freude haben. Oder würde sich aufgrund des sicherlich auch filmisch noch reichhaltigen Erbes gar eine Fortsetzung dieser Dokumentation anbieten?

Thomas Volkmann

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Das Lied „La Paloma“ ist 150 Jahre alt geworden. Komponiert wurde es von dem Basken Sebastian Iradier, doch es gibt keinen Teil der Welt, in dem es nicht bekannt wäre. Zum Geburtstag erscheint nun auch der Film von Sigrid Faltin.

Über 2000 Versionen soll es geben und dies mit den unterschiedlichsten Texten, Rhythmen und Instrumentierungen. Manche sagen, „La Paloma“ sei das am meisten gespielte Lied der Welt.

Es bleibt ein Geheimnis, warum es einen derartigen Erfolg hat. Vielleicht ist es doch die an schöne wie an schreckliche Zeiten erinnernde einschmeichelnde  Melodie, die Sehnsüchte nach einem bestimmten Ort oder an eine gewisse Person ausdrückt. Und ohne Sehnsüchte scheinen die Menschen gleich welcher Hautfarbe, gleich welcher Denkweise, gleich welchen Geschlechts oder Alters, gleich welchen Glaubens nicht auszukommen.

Der Film berichtet, wie vielfältig die Anlässe sind, bei denen „La Paloma“ erklingt. Im rumänischen Banat wird es bei Beerdigungen gespielt, anderswo, etwa in Sansibar, jedoch bei viel freudigeren Gelegenheiten, Hochzeiten beispielsweise. Coco Schumann, Berliner Meister des Swing, erzählt, wie die Musik ihn in Auschwitz rettete und wie er am Lagertor „La Paloma“ spielen musste, während die Kinder in den Tod marschierten.

Als kubanische Habanera entstand die berühmte Melodie. Der Münchner Sammler Kalle Laar gab bisher nicht weniger als fünf CD-Kompilationen heraus. 983 „La Paloma“-Tonträger hat der spanische Baske Primitivo Langarica bisher schon gesammelt. Die Beliebtheit dieser Musik erscheint ungebrochen - an allen Orten und zu allen Zeiten.

Die Legende weiß, dass in Mexiko Kaiser Maximilian sich vor seinem gewaltsamen Tod noch ein letztes Mal „La Paloma“ gewünscht habe. Mexikanische Cowboys waren es, die das Lied sogar bis nach Hawaii brachten.

In neuerer Zeit ließ es sich Elvis Presley nicht nehmen, seine Version zum Besten zu geben. Freddy Quinn und Heino nicht zu vergessen. Zwei, drei Jahrzehnte davor hatte sich Hans Albers zu einer offenbar leicht alkoholisierten Fassung entschlossen, die von Goebbels verboten wurde.

Die immense Verbreitung von „La Paloma“ ist denn auch der Beweis dafür, dass es zahllose Liebhaber des Liedes gibt. Sie vor allem, aber auch viele andere, können den Besucherstamm für diesen informativen und anschaulichen, musikalisch natürlicherweise vielfältigen und reichhaltigen Dokumentarfilm abgeben, dem man gerne noch länger zugeschaut und in dem man sich noch mehr Historisches gewünscht hätte.

Alles in allem eine spezielle Weltreise und Rückschau.

Thomas Engel