Für einige Jahre in den 60ern war die aus einer Roma-Familie stammende Antoñita Singla ein Star, die auf den Flamenco-Bühnen Europas bewundert wurde und sogar in einigen Kinofilmen auftrat. Irgendwann verschwand sie von der Bühne, was die spanische Regisseurin Paloma Zapata zum Anlass für ihren Dokumentarfilm „La Singla“ nimmt, in dem sie sich selbst bisweilen allzu sehr in den Mittelpunkt stellt, statt sich auf das viel interessantere Subjekt ihrer Recherche zu fokussieren.
Spanien/ Deutschland 2022
Regie & Buch: Paloma Zapata
Dokumentarfilm
Länge: 95 Minuten
Verleih: rise and shine cinema
Kinostart: 2. November 2023
Spanien/ Deutschland 2022
Regie & Buch: Paloma Zapata
Dokumentarfilm
Länge: 95 Minuten
Verleih: rise and shine cinema
Kinostart: 2. November 2023
Über den Film
Originaltitel
La Singla
Deutscher Titel
La Singla
Produktionsland
ESP
Filmdauer
95 min
Produktionsjahr
2023
Regisseur
Zapata, Paloma
Verleih
Starttermin
01.11.2023
FILMKRITIK:
Antoñita Singla wurde 1948 geboren, als Tochter einer Roma-Familie, die am damals noch vernachlässigten Strand von Barcelona in Baracken lebten. Schon früh zeigte sich ihr großes tänzerisches Talent, bald trat sie in Bars der katalanischen Metropole auf, später auch auf Festivals in ganz Europa. Auch in einigen Filmen der 60er Jahre war La Singla – also in etwa die Einzigartige, wie die Teenagerin genannt wurde – zu sehen, etwa in dem spanischen Tanz-Drama „Los Tarantos“.
So weit so unspektakulär, doch eine Besonderheit macht den Erfolg von Singla bemerkenswert: Durch eine Meningitis-Infektion hatte sie im jungen Alter ihr Gehör verloren. Sie war also taub, konnte die Musik, zu der sie tanzte, nicht hören, sondern nur spüren, den Rhythmus der Trommeln, das Vibrieren des Tanzbodens.
Doch nach wenigen Jahren verschwand La Singla von der Bühne, wenige Aufnahmen von ihren Auftritten kursieren im Internet, auf YouTube kann man die schwarz-weißen Bilder aus den 60er Jahre bewundern und in den Kommentaren lesen, dass Singla für tot gehalten wird.
Ein Rätsel? Das zumindest behauptet die spanische Journalistin Paloma Zapata und konstruiert aus diesem angeblichen Mysterium die Basis ihres Dokumentarfilms „La Singla.“ Immer wieder sieht man Zapata im Bild, die mit grüblerischem Blick auf ihren Laptop starrt, die ihrer Mutter von La Singla berichtet, die Kisten mit Material auspackt, die sich auf eine Suche macht, die nicht wirklich schwierig ist und vielleicht mit einem Blick ins Telefonbuch zu Ende gewesen wäre.
Überdeutlich mutet dieser Ansatz wie der Versuch an, den Erfolg des Dokumentarfilms „Searching for Sugar Man“ nachzuahmen, Spannung durch ein behauptetes Rätsel zu erzeugen, eine Spurensuche zu inszenieren. Weite Teile von „La Singla“ muten dann auch wie ein Spielfilm an, sind im breiten Scope-Bildformat gedreht und zeigen deutlich inszenierte Szenen, in denen Zapata zu sehen ist, die sich auf die Suche nach Antoñita Singla macht. Diese zu finden erweist sich schließlich als Kinderspiel, ihr Bruder betreibt ein Autohaus unter dem seltenen Namen Singla und klärt das „Rätsel“ des Verschwindens auf.
Viel interessanter als dieses seltsam forciert und unnötig wirkende Verwirrspiel ist Antoñita Singla selber, inzwischen eine ältere Dame in den 70ern, die in bescheidenen Verhältnissen lebt. Auf dem spärlich vorhandenen Archivmaterial ahnt man, mit welcher Energie sie sich über das Parkett bewegte, die Musik spürte und in Bewegungen umsetzte. Möglicherweise war es der Mangel an alten Bildern, der Zapata dazu bewegte eine filmische Form zu wählen, der statt seines spannenden Subjektes, mehr die Autorin in den Mittelpunkt stellt. So bleibt „La Singla“ ein in Ansätzen sehr sehenswerter Film über eine außergewöhnliche Flamenco-Tänzerin, deren Talent und besondere Geschichte es verdient hätte, ganz im Mittelpunkt eines Films zu stehen.
Michael Meyns