La Terra

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Ein weiterer Beleg für den Aufwärtstrend des italienischen Kinos ist dieser Film von Sergio Rubini. Gleichermaßen Familiendrama und überdrehte Komödie, Sozialstudie und Klamotte erzählt „La Terra“ durch die Augen eines Außenstehenden von den absurd anmutenden Zuständen Süditaliens. Die Mafia spielt zwar keine unmittelbare Rolle, traditionelle Werte, Fehden und Intrigen bestimmen aber dennoch das Leben in diesem sehenswerten Film.

Webseite: www.kairosfilm.de

La Terra
Italien 2006, 112 Minuten
Regie: Sergio Rubini
Drehbuch: Angelo Pasquini, Carla Cavalluzzi, Sergio Rubini
Kamera: Fabio Cianchetti
Schnitt: Giogio Franchini
Musik: Pino Donaggio
Darsteller: Fabrizio Bentivoglio, Paolo Briguglia, Massimo Venturiello, Emilio Solfrizzi, Claudia Gerini, Giovanna Di Rauso
Verleih: Kairos
Kinostart: 10. September 2009

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Bis man sich im Geflecht aus Figuren, Beziehungen und Verwicklungen, das Sergio Rubini in seinem Film spinnt, zurechtgefunden hat, vergeht eine ganze Weile. Diese Irritation ist allerdings keine Schwäche von Drehbuch oder Regie, sondern bewusst eingesetztes Stilmittel. Luigi (Fabrizio Bentivoglio), die Hauptfigur, kehrt zu Beginn des Films aus Mailand in seine apulische Heimat zurück. Durch seine Augen erzählt der Film, mit ihm stürzt auch der Zuschauer in eine fremde Welt, die sowohl er als auch Luigi nur langsam durchschaut.

Der Anlass für die Heimkehr des verlorenen Sohns ist profan: Ein paar Verträge wollen unterschrieben werden, damit Luigi und seine Brüder das geerbte Land verkaufen können. Doch so leicht geht das in Süditalien nicht, denn die Brüder haben ganz eigene Interessen und Probleme. Michele (Emilio Solfrizzi) schlägt sich als Geschäftsmann mehr schlecht als recht durch und hat hohe Schulden bei dem schmierigen Tonino (Sergio Rubini). Mario (Paolo Briguglia), ein Student, hilft den Behinderten und der Halbbruder Aldo (Massimo Venturiello) ist der Einzige, der sich um die zunehmend verfallende Familienfarm kümmert. Dazu kommen natürlich noch einige schöne Frauen, etwa die freizügige Angela (Giovanna Di Rauso), die gerne nackt badet und die Ex von Mario ist.

Doch das erfährt Luigi erst viel später, ebenso wie der Zuschauer den Grund für sein Verlassen der Heimat: Als Junge hat er den Vater getötet, als er ihn daran hindern wollte, die Mutter zu schlagen. Im Norden hat er sich ein gutes Leben aufgebaut, doch kaum ist er zurück in seiner Heimat, wird er unaufhaltsam in die Intrigen des Dorfes verstrickt. Als dann auch noch ein Mord passiert, steht Luigi vor der Entscheidung, an seine eigenen Interessen zu denken oder an die seiner Familie. Und für einen Italiener ist das keine wirkliche Entscheidung.

In seiner Tonart erinnert „La Terra“ mehr an „Il Divo“ und weniger an „Gomorrha“, zwei der anderen starken Filme, die zuletzt aus Italien kamen. Nur hat er den Vorteil, dass kein Vorwissen über die Machenschaften der politischen Klasse nötig ist, um die Subtexte der Erzählung zu verstehen. Die oft grotesken Verwicklungen, die die Figuren in „La Terra“ durchleben, erschließen sich zwar langsam, aber sie erschließen sich von selbst. Mit viel Gespür für Situationen, für Lokalkolorit und nicht zuletzt auch für eindrucksvolle Bilder inszeniert Rubini den Reigen der bisweilen hart an der Grenze zur Absurdität gerät, letztlich aber spannende Einblicke in die Strukturen des italienischen Südens liefert.

Michael Meyns

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