Ein düsterer Science Fiction-Thriller – grandios gespielt mit Kate Bosworth und Thomas Kretschmann in den Hauptrollen, und exzellent visualisiert: Die Geschichte spielt auf einem einsamen Militärposten mitten im Meer. Die Erde ist beinahe komplett überflutet, und es herrscht Krieg zwischen den verbliebenen zwei kleinen Kontinenten.
Der estnische Filmregisseur Tanel Toom und sein Drehbuchautor Malachi Smyth gehen mit „Last Contact“ einen radikalen Weg, der den Film zusätzlich zum Umwelt-Thriller macht: Ihr spannungsreiches Drama spielt in 40 Jahren und zeigt eine dystopische Zukunft, in der die Menschen ihre Welt zerstört haben und nichts Besseres zu tun haben, als Krieg zu führen.
Webseite: https://www.weltkino.de/filme/last-contact
Last Sentinel
Großbritannien, Deutschland, Estland 2023
Regie: Tanel Toom
Drehbuch: Malachi Smyth
Darsteller: Kate Bosworth, Thomas Kretschmann, Lucien Laviscount, Martin McCann
Bildgestaltung: Mart Ratassepp
Musik: Gert Wilden
Länge: 112 Minuten
Verleih: Weltkino
Kinostart: 27. Juli 2023
FILMKRITIK:
Inmitten des endlosen Meeres liegt eine Militärstation, ausgestattet mit einer Atombombe und besetzt mit vier Freiwilligen, drei Männern und einer Frau, die für zwei Jahre hier ihren Dienst ableisten. Doch die Ablösung ist überfällig, alle Funksprüche gehen ins Leere, der Proviant wird knapp, und die allgemeine Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Kurz bevor alle durchdrehen, taucht ein Schiff am Horizont auf. Bringt es die erhoffte Ablösung? Oder handelt es sich womöglich um ein geschickt eingefädeltes feindliches Manöver?
Der Film kommt schnell zur Sache – gleich zu Beginn zieht ein gewaltiger Sturm auf. Es ist nicht der erste für die Vier an Bord, die sich als eingespieltes Team erweisen. Sergeant Hendrichs (Thomas Kretschmann) hat den Oberbefehl an Bord. Gleich nach ihm kommt Corporal Cassidy (Kate Bosworth), genannt Cass, zuständig für den Kontrollraum. Außerdem gibt es den Techniker Baines (Martin McCann) und den vielseitig begabten Sullivan (Lucien Laviscount), der die unangenehmeren Arbeiten erledigt. Der Sturm fordert von allen den höchsten Einsatz, die Vier arbeiten mit- und füreinander.
Der starke Beginn könnte auch zu einem Actionfilm passen, und „Last Contact“ hat zwar einige passende Sequenzen, aber insgesamt ist der Film eher ein gut gespielter Science-Fiction-Thriller, in dem die Personen letztlich wichtiger sind als die Handlung. Der Drehbuchautor Tanel Toom unterstützt das durch eine kammerspielartige Struktur. Die virtuose Kameraarbeit von Mart Ratassepp sorgt mit eindringlichen Naturbildern immer wieder dafür, dass der Gegensatz zwischen Mensch und Ozean betont wird. Als Soundtrack dient eine Geräuschkulisse, in der sich Maschinenlärm und Meeresrauschen treffen, was die wachsende Spannung unterstützt. Denn immer mehr kristallisiert sich heraus: Das Problem ist weder das Meer noch der Krieg, das Problem sind die anderen Menschen.
„Last Contact“ erinnert in seiner dichten, düsteren Atmosphäre an Klassiker wie „Das Boot“ (1981), mehr aber noch an „Der Leuchtturm“ (2019). Auch hier spielen Einsamkeit und Isolation eine wichtige Rolle – und das schlechte Wetter natürlich. Wind, Regen und Riesenwellen ... die Menschen sind den Naturgewalten ausgeliefert, zwar nicht ganz schutzlos, aber die Drohung ist eindeutig: Die Geister, die von den Menschen gerufen wurden, werden nicht mehr los. Die Natur schlägt zurück. Der Ärger ist selbstgemacht.
Das offene Meer um die winzige Plattform, die an eine Mini-Bohrinsel erinnert, liefert das Setting für die Geschichte um vier kleine Menschen in der Endlosigkeit des Meeres – als Blick in eine Welt ohne Schönheit und Freude, aber auch ohne Computer, Handys und Internet. Die Zukunft ist analog, die unausgesprochene Botschaft dahinter lautet: Der Mensch hat die Welt zerstört, die er selbst aufgebaut hat, und das Einzige, was ihm dazu einfällt, ist Krieg zu führen. Nicht nur weltweit, sondern vielleicht auch innerhalb der Gruppe. Die isolierte Lage der vier Menschen macht sie zusätzlich anfällig für Spekulationen und verschärft die Beziehungen untereinander.
Die Spannung erwächst in „Last Contact“ weniger aus den Handlungselementen als aus den Charakteren: Da ist der autoritäre Sergeant, den Thomas Kretschmann mit unbewegter Miene als schmallippigen Soldaten spielt. Nach ihm in der Rangfolge folgt Cassidy – sie hat den zweiten Schlüssel für den Startprozess der Atombombe. Kate Bosworth spielt unausgesprochen die Hauptrolle in diesem Thrillerdrama. Sie macht das toll mit ihrer herben Ausstrahlung und ihrer kühlen Entschlossenheit. Nur selten lächelt sie. Ansonsten bleibt sie taff und kurz angebunden. Cassidy ist eine Frau mit Prinzipien. Sie weiß, was sie will, und holt es sich. Daher hat sie ein Verhältnis mit Sullivan. Lucien Laviscount spielt ihn als leicht naiven Typen, ein bisschen verschusselt, aber lieb. Martin McCann ist sein Kumpel Baines, einer dieser Technikfreaks, die alles reparieren können und aus einem Stück Schnur und einer alten Nähmaschine einen Atomreaktor bauen.
Mit der Entdeckung des geheimnisvollen Schiffes verändern sich die Beziehungen der Personen untereinander. Die Hoffnung auf Rettung treibt sie auseinander. Es droht ein furchtbarer Showdown, denn da ist ja auch noch die Atombombe ...
Gaby Sikorski