Le Mali 70

Auf die Spuren ihrer musikalischen Helden begaben sich vor einigen Jahren die Mitglieder der Berliner Bigband „Omniversal Earkestra“ und reisten in das westafrikanische Land Mali. Dort begegneten sie längst ergrauten Jazz-Musikern, die in den 60er Jahren die Clubs der Hauptstadt Bamako zum Tanzen brachten. Gemeinsam nahm man eine Platte auf, begleitet stets von der Kamera des Regisseurs Markus CM Schmidt, dessen unprätentiöser Dokumentarfilm „Le Mali 70“ nun ins Kino kommt.

Le Mali 70
Deutschland 2022
Regie: Markus CM Schmidt
Dokumentarfilm

Länge: 93 Minuten
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 17. August 2023

FILMKRITIK:

Das aus Westafrika fantastische Musik kommt ist bekannt, immer wieder zog es daher westliche Musiker nach Nigeria, Senegal oder eben Mali, um sich inspirieren zu lassen. 2002 veröffentlichte etwa der britische Musiker Damon Albarn – vor allem bekannt durch seine Band „Blur“ – die Platte „Mali Music“, einige Jahre zuvor hatte der Malische Musiker Ali Farka Touré sein Album „Talking Timbuktu“ herausgebracht. Eine Kooperation mit Ry Cooder, der anschließend nach Kuba weiterreiste und dort dem Buena Vista Social Club, ja, Entwicklungshilfe leistete.
Ein Hauch von „Buena Vista“ weht nun auch durch Markus CM Schmidts „Le Mali 70“, auch wenn es angesichts der fragilen politischen Situation mehr als unwahrscheinlich ist, dass Mali einen ähnlichen touristischen Boom erleben (oder erleiden) wird, wie Kuba. Dabei hätte es die Musik, hätten es die Musiker mehr als verdient (wieder)-entdeckt zu werden, wie die Jam-Sessions, die der Film dokumentiert eindrucksvoll zeigen.
Im Frühjahr 2019 fuhren einige Mitglieder der Berliner Bigband „Omniversal Earkestra“ nach Mali und begaben sich auf Spurensuche. Was sich augenscheinlich als nicht ganz einfach erwies, denn legendäre Musiker wie Cheick Tidiane Seck, Sory Bamba oder Abdoulaye Diabaté Musiker leben in meist bescheidenen Verhältnissen über das ganze Land verteilt, während ihre Instrumente verstauben oder längst verrostet sind.
Doch die Begegnung mit den halb so alten Deutschen, die ihre Söhne sein könnten, inspirierten die längst ergrauten Herren und einige Damen, gemeinsam machte man Musik und nahm schließlich die Platte „Le Mali 70“ auf. Markus CM Schmidts gleichnamiger Dokumentarfilm begleitet die Musiker, bleibt stets im Hintergrund, lässt Mali und seine Bewohner für sich sprechen. Auf pittoreske Bilder wird dabei dankenswerterweise ebenso verzichtet wie auf dramatisierende Eindrücke eines Landes, das in den deutschen Nachrichten meist nur dann Erwähnung findet, wenn mal wieder eine Regierung gestürzt ist, islamistische Terroristen Anschläge verüben oder sonst eine scheinbar „typische“ afrikanische Katastrophe passiert.
Angenehm unprätentiös und zurückhaltend bleibt dagegen der Blick, den „Le Mali 70“ auf das Land und seine reiche musikalische Tradition wirft, von der in Gesprächen zwischen den Musikern die Rede ist, die aber vor allem in einigen spektakulären schwarz-weiß-Aufnahmen zu sehen ist. In einem Archiv finden sich hunderte Filmrollen, die sich als zwar etwas angestaubt, aber noch abspielbar erweisen und faszinierende Einblicke in das Leben Malis in den späten 60er Jahren geben. Man mag es fast bedauern, das von diesen historischen Bildern nicht mehr zu sehen ist, doch die mitreißende Big Band Musik des „Omniversal Earkestra“ und ihrer westafrikanischen Idole ist mehr als willkommener Ersatz.

Michael Meyns