Lene und die Geister des Waldes

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Der Kinder-Dokumentarfilm „Lene und die Geister des Waldes“ ist ganz auf die Neugier und Fantasie des jungen Zielpublikums zugeschnitten. Aus den Augen der siebenjährigen Lene erkunden wir den Nationalpark Bayerischer Wald, lernen ansässige Kinder und lokale Legenden kennen. Nach vielen Festivalaufführungen, unter anderem beim DOK.fest München, startet die märchenhaft aufgeladene Dokumentation nun regulär im Kino.

Website: www.realfictionfilme.de/lene-und-die-geister-des-waldes.html

Deutschland 2020
Regie: Dieter Schumann
Buch: Dieter Schumann, Grit Lemke
Mitwirkende: Lene Frahm, Lynn Frahm, Ludwig Strohmeier, Vinzenz Strohmeier
Laufzeit: 94 Min.
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 25.11.2021

FILMKRITIK:

Die siebenjährige Lene aus Mecklenburg-Vorpommern ist erst wenig begeistert davon, dass sie den Sommer auf dem Land verbringen soll. Mit ihrer älteren Schwester Lynn und dem Vater geht es von der Stadt in den Nationalpark Bayerischer Wald, wo die drei im Gasthof von Oma Henriette einkehren. Der Vater will die Natur malen, die Töchter sollen den Wald entdecken. Erst fällt Lene die ungewohnte Stille auf, dann eröffnen ihr die Kinder aus der Nachbarschaft das Landleben zwischen Kühen und Bäumen. Darunter der Bienen züchtende Johannes, die „lustig bayrisch“ sprechende Sophia und Ludwig, der Trecker fahren kann. Bei Ausflügen in den Nationalpark vermitteln der „Wald-Obelix“ genannte Parkwächter Günter und die Rangerin Christin den Kindern die Geheimnisse des Waldes. Dabei mischen sich Fakten über Leuchtmoos oder den Fuchsbandwurm mit lokalen Legenden wie jener über den „Waldpeter“, der sich im Dickicht verlief und in Regen verwandelt wurde.

„Dieser Film zeigt eine echte Geschichte,“ erklärt eine Texttafel zum Auftakt, manches an der Beobachtung der realen Personen sei aber „ein bisschen phantastisch und geheimnisvoll“. So stimuliert die Kinder-Dokumentation mit märchenhaften Komponenten immer wieder die kindliche Fantasie. In meditativen Bildfolgen, die mit Überblendungen und Nahaufnahmen arbeiten, wirken die zuvor gewonnenen Eindrücke nach. Insbesondere die „Waldursel“ regt mit ihrem urigen Blick auf das Werden und Vergehen des Walds die Imagination an, wenn sie etwa innere Bilder von Dinosauriern zwischen baumhohen Farnen heraufbeschwört.

Eine eigene Farbe gewinnt der Film durch die Perspektive der Protagonistin Lene. Aus dem Off vermittelt das Mädchen ihre persönliche Sicht auf die Natur und die anwohnenden Kinder. „So weit hab ich noch nie gesehen,“ bestaunt Lene den Ausblick über die Landschaft, ihren ersten Semmelknödeln mit Pilzen steht sie indes neutral gegenüber. Gleichwertig neben der Naturerkundung steht die Dynamik innerhalb der Kindergruppe; erst nach gut 18 Minuten geht es in den Wald. Als jüngstes der Kinder fühlt sich Lene oft abgehängt oder von ihrer Schwester ignoriert, zum Glück versteht sie sich mit dem sensiblen Flo, der mit einem Blaubeerkuchen auch für das leibliche Wohl sorgt. Beim Karaoke, einem Lagerfeuer und anderen Aktivitäten wächst die Gruppe über Unterschiede hinweg zusammen.

Dieter Schumann inszeniert die Mischung aus Natur-, Märchen- und Porträtfilm durchweg kindgerecht. Die von Thomas Riedelsheimer und Rainer Schulz gefilmten Bilder sind übersichtlich und bleiben ausreichend lang stehen, um in Ruhe wirken zu können – passend zum Sujet kommt keinerlei Hektik auf. Mal erklingt allein die natürliche Geräuschkulisse aus Vogelgesängen oder dem Rascheln der Blätter, mal untermalt eine weihevolle Musik die Eindrücke. Die Grundstimmung ist heiter und beschaulich, das Lernen und genaue Hinschauen passiert fast unmerklich nebenbei. Auch das kommt dem Kinderpublikum entgegen.

Christian Horn