Letzter Abend

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Ein gemeinschaftlicher Abend mit Freunden oder auf Fremden ist ein klassischer Schmelztiegel. Im normalen Leben mag er ereignislos verlaufen, im Medium Film kommt es immer zu Reibereien, Streitigkeiten und der einen oder anderen Erkenntnis, nach der nichts mehr ist, wie zuvor. So auch bei „Letzter Abend“, in dem ein Pärchen ein Abschiedsessen gibt, bevor es ihre Zelte abbricht und von Hannover nach Berlin zieht.

Webseite: https://www.filmweltverleih.de/cinema/movie/letzter-abend

Deutschland 2023
Regie: Lukas Nathrath
Buch: Sebastian Jakob Doppelbauer, Lukas Nathrath
Darsteller: Sebastian Jakob Doppelbauer, Pauline Werner, Susanne Dorothea Schneider

Länge: 90 Minuten
Verleih: Filmwelt
Kinostart: 24. August 2023

FILMKRITIK:

Die Lockdowns sind vorbei, die Pandemie ist in diesem Sommer aber noch nicht besiegt. Ein Paar bereitet alles für den Umzug von Hannover nach Berlin vor. Lisa hat dort einen Job in einer Klinik bekommen, Clemens ist selbstständiger, aber kaum erfolgreicher Musiker. Nun wollen sie einen letzten schönen Abend mit ihren Freunden verbringen, doch nichts läuft so, wie gedacht: Erst sagen einige Freunde ab, dann kommen andere viel zu spät, und ein paar Fremde werden auch noch Teil dieser Dinnerparty, die zusehends aus dem Ruder läuft – weil Wahrheiten ans Licht kommen, die man sich am liebsten nicht eingestehen würde.

Es ist ein feiner Grad bei dieser Art Film. Die Entwicklung des Abends, aber auch der Figuren muss nachvollziehbar sein. Zugleich muss eine Eskalationsstufe nach der anderen gezündet werden, bis nichts mehr ist, wie es war. So ist es hier auch, denn Lukas Nathrath, der zusammen mit seinem Hauptdarsteller Sebastian Jakob Doppelbauer das Skript geschrieben hat, versteht es, die Tonalität zu wechseln. Vom Chaos der ersten Minuten und der giftigen Atmosphäre, die zwischen den beiden Protagonisten herrscht, bis zur satirischen Überhöhung dessen, was heute diskutiert wird, ist alles dabei. Man streift das Gendern, den politisch korrekt motivierten Aktivismus, und selbst die Spannungslage, die zwischen Deutschen und Österreichern nicht erst seit der Niederlage von Cordoba herrscht. Kurz gesagt: Die verschiedenen Lebensentwürfe und Vorstellungen führen zu Konflikten.

Relativ mühelos gelingt es Nathrath, zwischen kluger Komödie und durchaus treffender Tragödie zu wechseln. Er stellt das Leben als eine Abfolge von Freude und Traurigkeit dar, und das komprimiert auf einen einzelnen Abend. Seine Schauspieler sind mehrheitlich gut, bei ein, zwei merkt man die Unerfahrenheit jedoch schon ab. Es gibt ein Gefälle im Schauspiel, das mindert die Wirkung des Films etwas. Aber die Haupthandlungsträger sind gut besetzt.

„Letzter Abend“ ist ein gelungener, kleiner Film, der von der Traurigkeit des Seins erzählt, aber immer wieder zeigt, wie dieses Gefühl übertüncht wird, während die Dringlichkeit des letzten Abends zu Enthüllungen führt, die nicht gänzlich überraschend, aber auch dazu angetan sind, die Situation noch mehr entgleisen zu lassen. Das ist ein letzter Abend, den man so schnell nicht vergisst.

 

Peter Osteried