Lippels Traum

Zum Vergrößern klicken

Nachdem die bisherigen Verfilmungen von Paul Maars Kinderbüchern („Das Sams“, „Herr Bello“) vom jungen Publikum mit großer Begeisterung angenommen wurden, lag die Entscheidung, eine weitere Geschichte aus dessen Feder zu adaptieren, eigentlich recht nahe. Die Wahl fiel auf „Lippels Traum“, einem fantasiereichen Abenteuer, in dem sich ein elfjähriger Junge aus Verdruss über die neue, kontrollsüchtige Haushälterin in ein Märchen aus 1001 Nacht hineinträumt. Die durch die Bank überzeugenden Jungdarsteller werden dabei von einer Riege prominenter deutscher Schauspieler (u.a. Moritz Bleibtreu und Anke Engelke) unterstützt.

Webseite: www.lippels-traum.de

Deutschland 2009
Regie: Lars Büchel
Drehbuch: Paul Maar und Ulrich Limmer nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Paul Maar
Produktion: Ulrich Limmer
Musik: Konstantin Wecker
Darsteller: Karl Alexander Seidel, Anke Engelke, Moritz Bleibtreu, Steve-Marvin Dwumah, Amrita Cheema, Christiane Paul
Laufzeit 101 Minuten
Kinostart: 8.10.2009
Verleih: Universum

PRESSESTIMMEN:

Liebevoll gestaltete und mitreißend gespielte Jugendbuchverfilmung, in der auch die Erwachsenen noch einmal Kind sein dürfen.
Cinema

FILMKRITIK:

Der elfjährige Philipp (Karl Alexander Seidel), der von allen nur „Lippel“ genannt wird, wächst bei seinem Vater Otto Mattenheim (Moritz Bleibtreu) im malerischen Passau auf. Der erfolgreiche Sternekoch hat sich längst auch im Ausland einen Namen gemacht und so kommt es, dass Lippel für eine Woche ganz auf ihn verzichten muss. Eine Geschäftsreise in die USA lässt sich nicht weiter verschieben. In dieser Zeit soll die neue Haushälterin Frau Jakob (Anke Engelke) auf Lippel aufpassen. So sieht zumindest der Plan von Vater Mattenheim aus. Was dieser nicht ahnt: Mit immer neuen Vorschriften und Verboten treibt die strenge Hausdame Lippel zur Verzweiflung. Sogar das Buch mit Geschichten aus 1001 Nacht, das ihm sein Vater geschenkt hat, will sie ihm abnehmen. Doch der clevere Lippel findet einen Ausweg. Er träumt sich Nacht für Nacht in ein orientalisches Märchen, in dem seltsamerweise nicht nur sein Vater sondern auch Frau Jakob und zwei seiner Klassenkameraden auftauchen.

Mit dem fantasievollen „Lippels Traum“ findet nach „Das Sams“ und „Herr Bello“ ein weiterer Kinderbuchklassiker aus der Feder von Paul Maar den Weg ins Kino. Maar, der abermals das Drehbuch zusammen mit Produzent und Autor Ulrich Limmer verfasste, besitzt ein sicheres Gespür für das, was Kinder in Lippels Alter bewegt, wovor sie sich fürchten und wie ihr Blick auf die Welt und uns Erwachsene ausfällt. Letzterer mag zugeben nicht immer allzu schmeichelhaft erscheinen. Viele der Erwachsenenfiguren auch in „Lippels Traum“ sind einfache Karikaturen, deren überzeichnete Ticks und Manierismen vornehmlich als Comic Relief zu verstehen sind. So erinnert Anke Engelkes pedantischer Kinderschreck an das bekannte Fräulein Rottenmeier aus „Heidi“. In Lippels Fantasiewelt wiederum übernimmt sie den Part der bösen Hexe und damit einer durch und durch klassischen Märchenfigur. Nur wenige der Erwachsenen wie Vater Mattenheim oder dessen Mitarbeiterin Serafina (Christiane Paul) eignen sich letztlich als echte Sympathieträger. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Maar merklich von anderen Kinderbuchautoren. Eine Cornelia Funke geht beispielsweise in ihren Geschichten über die „Wilden Hühner“ weitaus differenzierter vor.

Gleichwohl reiht sich Lippels geträumte Reise vom anscheinend dauerverregneten Passau in die geheimnisvolle Märchenwelt aus 1001 Nacht nahtlos in die Reihe der vielen erfreulichen Kinderbuchverfilmungen der vergangenen Jahre ein. Der Film beschwört in prachtvollen Bildern – die Dreharbeiten fanden in Marokko statt – die kindliche Imagination als machtvolle, treibende Kraft des Guten und der Freundschaft. Anders als internationale Produktionen wie „Pan’s Labyrinth“ oder „The Fall“, die im Grunde eine sehr ähnliche Botschaft formulierten, richtet sich „Lippels Traum“ vornehmlich an ein junges Publikum.

Ohne jemals den pädagogischen Zeigefinger zu erheben, lernen Kinder hier so ganz nebenbei den richtigen Umgang mit ihren Ängsten. Einzig in der Konfrontation – das erkennt Lippel, nachdem er sich mit viel Überwindung erstmals in den verhassten, dunklen Keller gewagt hat – liegt der Schlüssel zu einem größeren Selbstvertrauen. Das kann er im nächsten Moment dann auch gleich unter Beweis stellen. Zusammen mit seinen Schulfreunden schickt er den Hausdrachen in die Wüste. Und das ist in diesem Fall durchaus wörtlich zu verstehen.

Marcus Wessel

Philipp heißt er eigentlich, aber er wird Lippel genannt. Er ist der Sohn eines Spitzenkochs und Restaurantbesitzers. Der Vater muss verreisen, schenkt seinem Sohn zum Abschied die Geschichten aus 1001 Nacht. Auf das Kind aufpassen soll während der Abwesenheit des Vaters Frau Jakob. Doch die hat Haare auf den Zähnen. Deshalb flüchtet Lippel in die Phantasiewelt seiner Geschichten und in seine Träume. Ansonsten geht er in die Schule. Er bekommt mit Arslan und Hamide zwei neue Mitschüler marokkanischer Abstammung.

Lippel träumt von einem orientalischen König, dessen Kinder Arslan und Hamide sowie von der bösen Schwägerin des Königs. Dieser gelingt es, weil sie selbst Königin werden will, ihren Schwager einzusperren und seine Kinder in die Wüste zu schicken, wo sie von grausamen Wächtern getötet werden sollen.

Im Traum erlebt Lippel das alles hautnah. Und nicht nur das. Er ist selbst bei den Kindern in der Wüste. Trotz der Wächter gelingt es den dreien, Stadt und Palast wieder zu erreichen. Aber sie werden verfolgt und – wie der König – gefangen gesetzt. Jetzt muss die Befreiung organisiert werden.

Und es ist höchste Zeit, dass der unsympathischen Frau Jakob das Handwerk gelegt wird. Dazu fällt Lippel, Arslan und Hamide eine ganze Menge ein. Die Sache ist dringend, weil die Jakob Philipps Vater bezirzen und heiraten will. Weg mit Schaden!

Die schöne Serafina nicht zu vergessen. Sie hat bis jetzt nur ganz diskret im Restaurant von Lippels Vater gearbeitet. Aber das ist vorbei. Nun könnte es eine Liebesgeschichte geben.

Wie endet alles? Die böse Schwägerin muss weg, Frau Jakob muss weg, usw. Vielleicht wird aus Serafina und dem zurückgekehrten Vater sogar etwas.

Das Verblüffendste an diesem Film ist, wie fließend, geschickt und sogar spannend die Realwelt und die Traumwelt abwechselnd ineinander übergehen. Kinderbuchautor Paul Maar und Drehbuch-Co-Autor Ulrich Limmer dachten sich phantasievolle Dinge aus, eine offenbar erfahrene Regie, dazu passende locations und eine geeignete Ausstattung ergänzen die Sache. Nicht nur für Kinder, sondern sogar für ihre erwachsenen Begleiter ist das eine brauchbare Unterhaltung geworden.

Anke Engelke giftet munter als die üble Frau Jakob und als böse Schwägerin, Moritz Bleibtreu ist als König und Koch zum ersten Mal in einem Kinderfilm zu erleben. Die Kinder Karl Alexander Seidel als Lippel, Amrita Cheema als Hamide und Steve-Marvin Dwumah als Arslan machen ihre Sache sehr gut.

Ein phantasievoll und spannend ausgedachter, gut brauchbarer Kinder- und Familienstoff.

Thomas Engel