Die Erwartungen an „Longlegs“ sind groß. Weil das, was im Vorfeld zu hören war, so gut klang. Die Geschichte einer FBI-Agentin, die einen Killer jagt, der seit Jahren Familien ermordet, aber im Grunde so, dass er ein Familienmitglied dazu bringt, alle anderen umzubringen. Oz Perkins‘ Film ist ausgesprochen düster und grimmig, aber längst nicht frei von Makel.
Webseite: https://dcmstories.com/movie/longlegs/
Longlegs
USA 2024
Regie: Oz Perkins
Buch: Oz Perkins
Darsteller: Maika Monroe, Nicolas Cage, Blair Underwood
Länge: 101 Minuten
Verleih: DCM
Kinostart: 1. August 2024
FILMKRITIK:
Special Agent Lee Harker wird zu einem Fall hinzugezogen, weil sie ein intuitives Verständnis hat – vielleicht sogar mehr als das. Sie spürt Dinge, die sie nicht spüren sollte, und weiß Sachen, die ihr unbekannt sein müssten. Gejagt wird ein Serienkiller. Über Jahre hinweg hat er Familien ermordet. Immer war es ein Familienmitglied, das alle anderen umgebracht hat. Dass überhaupt noch jemand anderes vor Ort war, lässt sich nur anhand codierter Nachrichten erkennen, die der Killer für die Ermittler zurückgelassen hat.
Der Film spielt in den Neunzigerjahren. Oz Perkins möchte wohl eine Reminiszenz an „Das Schweigen der Lämmer“ erschaffen. Sein Film ist aber weniger zugänglich, düsterer, trister – die Bilder von „Longlegs“ lassen nicht unbedingt los, sie transportieren aber eine Stimmung, die unangenehm ist. Das ist das Wirkungsvolle an „Longlegs“. Auch Nicolas Cage in der Titelrolle ist gut. Seine besondere Art des Spiels ist hier gefordert. Er hat nicht nur Mut zur Hässlichkeit, sondern auch zur brutalen Übertreibung. Dem gegenüber steht eine zurückgenommene, im subtilen Minenspiel herausragende Maika Monroe, die hier nach „It Follows“ erneut in einem faszinierend anderen Horrorfilm agiert.
Was sie jedoch nicht kann: Das überkomplizierte Skript retten. Denn so toll der Film aussieht, so überragend er gespielt ist, so verfahren ist er in seiner Erzählweise. Die kurze Sequenz am Anfang, die man laut Oz Perkins ja nicht verpassen darf, weil man den Film ansonsten angeblich nicht versteht, ist erstens nicht so relevant, weil die sich daraus ergebenden Schlüsse ohnehin auf der Hand liegen, andererseits wird sie später noch einmal wiederholt.
Perkins arbeitet mit dem Übernatürlichen. Er hat keinen reinrassigen Serienkillerfilm abgeliefert. Vermutlich wäre das aber die bessere Wahl gewesen, denn die Motivation des Killers, die Art, wie er vorgeht, auf welche übernatürliche Macht er setzt – das alles ist zu verworren, zu nebulös, zu verschwurbelt. „Longlegs“ mutet an, als hätten dem Skript ein, zwei Politurgänge ganz gutgetan. Denn eigentlich ist alles vorhanden, nur eines fehlt leider völlig, was für einen Thriller jedoch essenziell ist: die Spannung.
Peter Osteried