Looping

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Drei Frauen stehen im Zentrum von Leonie Krippendorffs Debütfilm „Looping“, drei Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mit dem Leben klarkommen und sich in einer psychiatrischen Anstalt begegnen. Mit viel Stilwillen inszeniert Krippendorff die sich entwickelnden Beziehungen zwischen dem Trio, voller Emotionen und Sinnlichkeit.

Webseite: www.salzgeber.de

Deutschland 2016
Regie, Buch: Leonie Krippendorff
Darsteller: Jella Haase, Lana Cooper, Marie-Lou Sellem,Markus Hering, Christian Kuchenbuch, Henning Peker, Luisa-Céline
Gaffron, Maëlle Giovanetti
Länge: 106 Minuten
Verleih: Salzgeber
Kinostart: 25. August 2016
 

FILMKRITIK:

Leila (Jelle Haase) ist auf dem Rummelplatz aufgewachsen, wo ihre Eltern ein Fahrgeschäft betreiben. Doch zwischen den Boden und Ständen, den Lichtern und dem geschäftsmäßigen Vergnügen, fühlt sich die 19jährige zunehmend verloren. Nach einer durchfeierten, durchtanzten Nacht landet sie in der Fahrkabine eines Lastwagenfahrers, der sich an ihr vergeht.

Völlig aus der Bahn geworfen wird Leila in eine psychiatrische Klinik am Meer eingewiesen, wo sie mit der 52jährigen Ann (Marie-Lou Sellem) ein Zimmer teilt. Diverse Selbstmordversuche hat die ältere Frau schon hinter sich, wandert oft verloren im Nebel am Strand entlang und übt eine seltsame Faszination auf das junge Mädchen aus.

Vervollständigt wird das Trio durch die 35jährige Frenja (Lana Cooper), die oberflächlich betrachtet ein erfülltes Leben mit Mann und Tochter geführt hat. Doch der gesellschaftliche Druck, immer nur funktionieren und den Erwartungen entsprechen zu müssen, ohne wirkliche Anerkennung zu erfahren, haben Frenja zunehmend verzweifeln lassen. Schnell entsteht eine große Nähe zwischen den Frauen, die sich unbestimmt zwischen inniger Freundschaft und erotischer Anziehung bewegt.

Nicht nur vor sondern auch hinter der Kamera agierten bei „Looping“ Frauen in den wichtigsten Rollen, neben Drehbuchautorin und Regisseurin Leonie Krippendorff ist dabei vor allem Kamerafrau Jieun Yi zu nennen. Der Ansatz, den Krippendorff für ihren Debüt- und gleichzeitig Hochschulabschlussfilm gewählt hat, ist ambitioniert. Weniger auf die Geschichte kommt es hier an, als auf die Bilder, auf Atmosphäre und Stimmungen. Das beginnt schon im ersten Moment des Films, wenn die flirrenden Lichter des Rummelplatzes verwischen und zusammen mit den undeutlich zu hörenden Wort- und Musikfetzen Leilas melancholisches, sensibles Wesen andeuten, ohne das viele Worte gemacht werden müssen.

In diesem Stil geht es weiter, verlässt sich Krippendorff meist ganz auf ihre drei Hauptdarstellerinnen, die weite Teile des Films beim Tanzen, Schwimmen, sinnierenden Zigarettenrauchen oder einfach beim Sein verbringen. So schön das oft anzusehen ist, so atmosphärisch „Looping“ oft ist, nicht immer gelingt es dabei, den Figuren die nötige Substanz zu verleihen, um der Geschichte die emotionale Wucht zu geben, die angedeutet wird.

Doch wenn es klappt, zeigt Krippendorff  großes Talent darin, Emotionen einzufangen, in denen es weniger auf das Gesagte ankommt, als auf feine mimische Regungen. In einer Szene etwa, sieht man Freja, die eine Geburtstagsfeier für ihre Schwester organisiert, in deren Schatten sie offenbar Zeit ihres Lebens gestanden hat. Ausgesprochen wird die jedoch nicht, sondern nur angedeutet, ebenso wie Frejas Platz in der Familie, die Rolle der zurückhaltenden, hilfsbereiten Schwester und Ehefrau, die eigentlich auch gerne selbst etwas Eigenes machen würde. In solchen genau beobachteten Szenen zeigt sich Krippendorffs Talent, eine Lust, über bloßes, wortreiches Erzählen hinauszugehen und statt dessen mit Bildern und Stimmungen zu arbeiten. Man darf gespannt darauf sein, wie sich dieses Talent in Zukunft weiterentwickelt.
 
Michael Meyns