Love Lies Bleeding

Zum Vergrößern klicken

Schon das Poster von „Love Lies Bleeding“ wirkt verschwitzt und passt dadurch perfekt zu einem Film, der von Schweiß, Blut und anderen Körperflüssigkeiten trieft, sich lustvoll in ihnen suhlt und sie in Kombination mit Liebe, Sex, einer Kleinstadt, Steroiden, Bodybuilding und einem 80er Jahre Setting zu einem wüsten Retro-Film zusammenschneidet, der als pure Oberfläche funktioniert – und doch mehr ist.

USA/ GB 2024
Regie: Rose Glass
Buch: Rose Glass und Weronika Tofilska
Darsteller: Kristen Stewart, Katy O’Brian, Jena Malone, Anna Baryshnikov, Dave Franco, Ed Harris

Länge: 104 Minuten
Verleih: Plaion
Kinostart: 18. Juli 2024

FILMKRITIK:

Ende der 80er Jahre, in einer Kleinstadt, eigentlich eher einem Kaff in New Mexico, im Süden der USA. Lou (Kristen Stewart) arbeitet in einem Fitnessstudio, wo der Schweiß von den Wänden zu triefen scheint und der abgestandene Geruch von zu viel Testosteron im Raum schwebt. Lous Leben könnte öder nicht sein, was sie in der Stadt hält ist ihre Schwester Beth (Jena Malone), die regelmäßig von ihrem Mann JJ (Dave Franco) verprügelt wird, der dank extremer Vokuhilafrisur sofort als Arschloch zu identifizieren ist.

Eines Tages steht die angehende Bodybuilderin Jackie (Katy O’Brian) vor Lou, in knappem Shirt und verschwitzen Muskeln, und sofort entbrennt die Begierde. Gierig stürzten sich Lou und die Kamera auf Jackies Muskeln, bald werden Spritzen mit Steroiden in das Liebesspiel eingebaut, auch wenn Lous Begeisterung ein wenig gedämpft wird, als sie erfährt, das Jackie auch mit Männern ins Bett geht.

Doch der Sex ist wild und intensiv, nicht zuletzt dank der Steroide, die Jackie allerdings nicht nur physisch, sondern auch psychisch verändern. Nach einer weiteren Prügelattacke auf Beth wird JJ der Garaus gemacht. Nun will die Leiche entsorgt werden und da kommt Lous Vater (Ed Harris) ins Spiel, der Pate der Stadt, dem neben Fitnessstudio auch der Waffenübungsplatz gehört und auf den zusätzlich das FBI ein Auge geworfen hat.

Lieben, lügen, bluten: Damit sind die Kernelemente von Rose Glass Film ganz gut zusammengefasst, einer exzessiven, wilden, auch ein wenig wirren Mischung aus 80er Jahre Hommage, Film-Noir-Variation, lesbischer Exploitation und feministischem Manifest, bei der man angesichts der Produktionsfirma A24 ein wenig den Verdacht hegen darf, dass die Algorithmen ihren Teil am Endprodukt hatten.

Wie keine andere Produktionsfirma jüngerer Zeit hat sich A24 einen sehr speziellen Ruf erarbeitet, hat Filme wie „Moonlight“, „X“ oder „Beau is Afraid“ herausgebracht, mit „Everything, Everywhere all at Once“ schließlich auch bei den Oscars abgeräumt. „Edgy“ sind die A24 oft oder wollen es sein, irgendwie gewagt, radikal, aber meist nur so sehr, dass sich dennoch ein größeres Publikum angesprochen fühlen mag.

In diesem Sinne passt „Love Lies Bleeding“ wunderbar ins Portfolio, ein rauschhafter, sinnlicher, obsessiver Film, der an Klassiker der Filmgeschichte andockt, sich problemlos als feministisches Manifest interpretieren lässt und geschickt mit der öffentlichen Persönlichkeit seiner Hauptdarstellerin spielt.

Als schüchternes Mädchen, die sich in einen Vampir verliebt, wurde Kristen Stewart in der „Twilight“-Saga bekannt, parallel wurde ihre Beziehung zum Kollegen Robert Pattinson öffentlich ausgeschlachtet. Seitdem wurde sie durch Beziehungen zu Frauen erst recht zu einem Idol der LGBTQIA+ Gemeinde, eine Rolle, mit der „Love Lies Bleeding“ auf clevere Weise spielt. Denn anders als in klassischen Film Noirs oder auch den Noir-Hommagen, die sich in den 90er Jahren großer Beliebtheit erfreuten sind die Frauenfiguren in „Love Lies Bleeding“ keineswegs nur die Objekte, die sie in den Phantasien meist männlicher Regisseure früher oft waren. Als Femme Fatale mag man Jackie zwar im Ansatz verstehen, doch so wie die Geschichte sich auf immer absurde Weise entwickelt, werden auch die beiden Protagonistinnen zu mehr, als sie anfangs schienen. Auch wenn „Love Lies Bleeding“ wie ein sehr typischer A24-Film wirkt: Genau das macht am Ende auch seine besondere Qualität aus.

 

Michael Meyns