Luchadoras

Zum Vergrößern klicken

Ciudad Juarez ist eine der gefährlichsten Städte der Welt – zumindest für Frauen. Seit 30 Jahren verschwinden Frauen hier. Ihre verstümmelten Leichen tauchen später wieder auf. Die Polizei tut nichts – oder wird sogar bezahlt, um wegzusehen? „Luchadoras“ erzählt vom Leben in einer solchen Stadt, und das anhand von drei Frauen, die ihren Lebensunterhalt als Wrestlerinnen verdienen. Eine interessante Dokumentation, die bisweilen etwas den Fokus aus den Augen verliert.  

Website: https://www.missingfilms.de/index.php/filme/10-filme-neu/339-luchadoras

Luchadoras
Mexiko / Deutschland 2021
Regie: Paola Calvo, Patrick Jasim
Buch: Paola Calvo, Patrick Jasim, Phillip Kaminiak
Darsteller: Lady Candy, Miss Kath, Mini Sirenita
Länge: 93 Minuten
Verleih: Missing Films
Kinostart: 10. März 2022

FILMKRITIK:

„Was kann man schon über Ciudad Juarez sagen?“, heißt es am Anfang. Dann berichtet die Erzählerin, was sich über die Stadt sagen lässt, anhand des Beispiels einer jungen Frau, die in einem Bus entführt, misshandelt, vergewaltigt und beinahe umgebracht wurde. Dass sie überlebte, liegt nur daran, dass sie fliehen konnte. An dem Ort, an dem das Verbrechen geschah, wurden später zahlreiche weitere Leichen gefunden. Seit mehr als 30 Jahren ist Ciudad Juarez vor allem für Frauen ein gefährliches Pflaster. Der Femizid tritt hier stärker zutage als anderswo, generell ist der Pegel an Gewalt in der mexikanischen Stadt aber hoch.

Lebt man in einem derartigen Umfeld, stumpft das auch ab. In einer Szene stehen Nachbarn auf der Straße, nahe jemandem, der erschossen wurde, und fragen sich eher beiläufig, wann wohl jemand kommen wird, um die Leiche mit einem Tuch zu bedecken? Eine der Nachbarinnen ist Lady Candy, eine Luchadora, eine Wrestlerin.

Der Film konzentriert sich auf Lady Candy, die gerne wieder ihre Kinder sehen würde, die deren Vater über die Grenze in die USA gebracht hat. Baby Star will wie ihr Vater eine Kämpferin werden, die respektiert wird. Sie trainiert auch ihre jüngere Schwester. Mini Serenita wiederum überlegt, Vollzeit als Wrestlerin zu arbeiten, weil sie damit sehr viel mehr verdient, als in ihrem normalen Job. Drei Frauen, drei Beispiele für das Leben in Ciudad Juarez. Aber Frauen, die stärker sind, als jene, die Unbekannten zum Opfer fallen.

Und doch beschreibt der Film auch, wie die allgegenwärtige Gewalt auf sie wirkt – und das auch auf subtile Art. Es gibt Momente, da zeigt die Kamera all die Vermissten-Plakate auf den Wänden in dieser Stadt – es ist eine riesige Menge an Frauen, die in Ciudad Juarez niemals wieder gesehen werden. Dem stellen sich diese Luchadoras entgegen, weil sie im Ring Aufmerksamkeit und Respekt erlangen, aber gefährdet sind auch sie. In einer Stadt, in der alle zweieinhalb Stunden eine Frau oder Transfrau umgebracht wird. Es ist die gefährlichste Stadt auf Erden – die Luchadoras leben nur darin. So gut es eben geht.

 

Peter Osteried