Sie suchen einen schönen Rembrandt fürs Wohnzimmer? Oder lieber einen Picasso fürs Büro? Kein Problem … in China gibt es alles, und natürlich auch Gemäldekopien. Das Künstlerdorf Dafen bei Hongkong gilt als Mekka der Kopisten: ob Alter Meister oder Klassiker der Moderne – es gibt kein Gemälde, das hier nicht binnen einiger weniger Stunden täuschend echt nachgemalt werden könnte. Der renommierte Filmregisseur Stanislaw Mucha („Kolyma – Die Straße der Knochen“) präsentiert hier einen amüsant-ironischen Dokumentarfilm über einen ganz besonderen Ort mit ganz besonderen Künstlern, vom Newcomer bis zum Altmeister, und natürlich letztlich über das Geschäft mit der Kunst.
Über den Film
Originaltitel
Manche mögen’s falsch
Deutscher Titel
Manche mögen’s falsch
Produktionsland
DEU
Filmdauer
90 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Mucha, Stanislaw
Verleih
W-FILM Distribution
Starttermin
06.11.2025
Nur sieben Kilometer von Hongkong entfernt liegt das Künstlerdorf Dafen, das zwar nur vier Quadratkilometer groß ist, von manchen Menschen aber als die größte Fälscherwerkstatt der Welt bezeichnet wird. In ca. 300 Werkstätten und 1100 Ladengeschäften leben und arbeiten hier an die 12.000 Künstler, die zusammen jährlich ungefähr 5 Millionen Kopien bekannter Gemälde produzieren und in fast alle Länder der Welt exportieren. Das ergibt mehr als 400 Gemälde pro Jahr und pro Künstler – eine durchaus sportliche Leistung. Stanislaw Mucha hat ihnen nicht nur über die Schulter geschaut, sondern sich auch ausführlich mit ihnen unterhalten: über ihre Lebenswege, über die Malerei und nicht zuletzt über ihr Selbstverständnis als Künstler, die sich fast ausschließlich dem Kopieren anderer Maler widmen.
„Alle Gemälde der Welt kommen aus Dafen in China.“ – Ist dieser zentrale Satz aus Stanislaw Muchas Dokumentarfilm eine Provokation oder kompletter Unsinn oder steckt darin womöglich ein Körnchen Wahrheit? Natürlich wird auch anderenorts gemalt, aber wenn man in einem deutschen Möbelgeschäft die Kopie eines bekannten Gemäldes sieht, kann man sich zu beinahe hundert Prozent sicher sein, dass sie aus Dafen stammt. Stanislaw Mucha ist mit seiner Kamera durch den Ort gewandert und zeigt staunenswerte Bilder aus dem kleinen Städtchen. Hier reiht sich Galerie an Galerie, Werkstatt an Werkstatt, hier gibt es keinen Quadratzentimeter, der nicht als Stellplatz für eine Staffelei dient. Sogar der örtliche Supermarkt verkauft Gemälde, überraschenderweise auch nach Gewicht. „Zwei Kilo da Vinci, gerne, ich wieg sie Ihnen gleich ab. Darf’s für 40 Gramm mehr sein?“ Auch Wettbewerbe werden hier gern veranstaltet, mit an die tausend Teilnehmern, die Kopien des gleichen Gemäldes anfertigen, aus denen dann eine fachkundige Jury einen Gewinner wählt. In Dafen gibt es nichts, was es nicht gibt, vorausgesetzt, es hat das vorher schon mal gegeben.
Doch eins wird hier relativ schnell relativ deutlich: Hinter derartigen Skurrilitäten steckt eine regelrechte Kopisten-Industrie. Hier entstehen in Mal-Fabriken mit ausgefeilten Arbeitsabläufen Tausende minutiös nachgemalter Kopien eines Originals, die sogar ausgewiesene Fachleute oft kaum vom Original unterscheiden können. Oder auch überhaupt nicht, wie eine im Film aufgegriffen Anekdote zeigt: Zwei europäische Museen sollen im Besitz identischer Caravaggios gewesen sein, über deren Echtheit sie so lange stritten, bis sich herausstellte, dass beide von Meister-Kopist Haifan aus Dafen stammten. Ob das eine wahre Geschichte oder ein geschickt lancierter Marketing-Gag Haifans ist? – Das weiß man in Dafen niemals ganz genau.
Regisseur Stanislaw Mucha ist ein Anhänger des „Direct Cinema“, das heißt, er versucht, Ereignisse so zu dokumentieren, wie sie geschehen sind, ohne jeglichen Kommentar, damit sich das Publikum ein eigenes Urteil bilden kann. Diesem Konzept ist er auch in „Manche mögen’s falsch“ treu geblieben. Muchas Kamera wandert scheinbar ziellos durch Dafen, macht hier und da in einem Atelier halt, wo ein kleiner oder großer Stern der Kopisten-Szene arbeitet, und lässt sie alle zu Wort kommen. Viele können faszinierende Geschichten erzählen, manches ist komisch, aber auf jeden Fall ist das alles mächtig interessant.
Und tatsächlich verändert sich der Blick: Am Ende könnte es sein, dass man über Kopien und Originale anders denkt als zu Beginn. Ob man Haifan folgt, der Kopien berühmter Gemälde als „Verehrungen“ des Originals einordnet, oder ob man noch stärker an die Strahlkraft der echten, einzigartigen Schöpfung glaubt: In jedem Fall hat man auf amüsante, ironischen Weise eine Menge über das Geschäft mit der Kunst gelernt. Und der Film endet stimmig mit einem Statement des Regisseurs: „Nach Abschluss der Dreharbeiten verfügen wir über beste Kontakte zur chinesischen Kunstszene. Wenn Sie also einen Picasso oder einen Van Gogh benötigen, signiert oder unsigniert, mit Quittung oder ohne … Melden Sie sich bei uns, vielleicht kommen wir ins Geschäft.“
Gaby Sikorski