Master Cheng in Pohjanjoki

Zum Vergrößern klicken

Kino und Kochen gibt gemeinhin ein gutes Rezept für ein gelungenes Unterhaltungsmenu - wie diesmal der Publikumspreis bei den Nordischen Filmtagen Lübeck bestätigt. Erzählt wird vom chinesischen Koch, den es mit seinem kleinen Sohn nach Finnland verschlägt. Seine Suche nach einem alten Freund verläuft zunächst ergebnislos. Dafür findet der Held im fremden Dorf bald neue Bekannte. Seine Köstlichkeiten der chinesischen Kulinarik begeistern die Bewohner. Vor allem die einsame Cafe-Besitzerin stellt fest: Liebe geht durch den Magen. Mika Kaurismäkis warmherzige Komödie überzeugt durch liebenswerte Figuren, wunderschöne Landschaftsbilder sowie appetitanregende Menü-Kreationen wie Kräuter-Rentier auf asiatische Art. Das Auge isst bekanntlich mit, insbesondere im Kino. Geistige Nahrung gibt’s obendrein: „Gutes Essen macht glücklich!“, weiß der Koch. Und merke: Auch Suppe sollte man kauen!

www.mfa-film.de/kino/id/master-cheng-in-pohjanjoki/

Finnland, China 2019
Regie: Mika Kaurismäki
Darsteller: Anna-Maija Tuokko, Chu Pak-hong, Kari Väänänen, Lucas Hsuan
Filmlänge: 114 Minuten
Verleih: MFA+ Filmdistribution GmbH, Vertrieb: Die Filmagentinnen
Kinostart: 30.7.2020

Pressestimmen:

"Urige Typen, lakonischer Witz und eine große Portion Warmherzigkeit, das sind die Zutaten für dieses bezaubernde Kinomärchen. Finnische Lebensart und asiatische Kochkunst - eine köstliche Mischung... Eine Prise fernöstliche Weisheit, Hoffnung, Heilung, Freundschaft, Liebe - ein Film, der Menschen glücklich machen kann."
ZDF HEUTE JOURNAL

FILMKRITIK:

„Heute ist Wursttag!“ verkündet die Tafel der „Sirkka Bar“ im abgelegenen Dörfchen Pohjanjoki. Für die Gäste des rustikalen Cafes keine Überraschung, schließlich ist hier immer Wursttag. Der chinesische Tourist Cheng und sein kleiner Sohn Nunjo sind nicht wegen des Essens gekommen, der Vater sucht hier jenen finnischen Freund, der ihm einst in Shanghai einen großen Gefallen tat. Zu seiner großen Enttäuschung scheint niemand einen Mann namens Fongtron zu kennen. Gestrandet im nordfinnischen Nirgendwo, findet sich in der Café-Besitzerin Sirkka eine gastfreundliche Frau, die dem Duo spontan ein Zimmer anbietet. Die gute Tat wird bald belohnt als ein Bus mit chinesischen Touristen ankommt. Die Reisenden rümpfen die Nase über die finnische Hausmannskost, da kommt der Vorschlag von Herrn Cheng gerade recht: Er schlägt den Gästen spontan ein Menü mit Nudeln und Hühnchen vor. Der gelernte Küchenmeister zaubert in Kürze ein erstklassiges Essen, von dem nicht nur Touristen begeistert sind. Nach anfänglicher Skepsis kommen auch die Einheimischen zunehmend auf den Geschmack der asiatischen Köstlichkeiten. Mehr noch, sie lernen die bekömmlichen Qualitäten der gesunden Ernährung schätzen. „Als wäre er von den Toten auferstanden!“, schwärmt eine Finnin begeistert vom neuen Ess-Effekt auf den Gatten.

„Denkst du wirklich, dass ein gut aussehender, heterosexueller finnischer Mann wie ich freiwillig chinesisches Essen isst?“ - solche Nörgeleien sind bald nicht mehr zu hören. Kaum hat Master Cheng die Küche übernommen, strömen Schulklassen ebenso wie Seniorengruppen in die „Sirkka Bar“. Wen Zipperlein plagen, dem hilft schnell Chengs magische Suppe - vorausgesetzt, man kaut sie beim Verzehr. Allein die Dorfpolizisten finden ein Haar in der Suppe: Dem Fremden fehlen die Aufenthaltspapiere! Zwar lassen sich die eifrigen Ordnungshüter vorübergehend mit dem exzellenten Essen beschwichtigen, doch die Bürokratie in ihrem Lauf, halten weder Ochs noch Rentier auf!

Die wenige Zeit, die Cheng und Nunjo noch verbleibt, genießen sie in vollen Zügen. Während der Sohn beim Spielen mit den Dorf-Kindern endlich die Trauer um seine verstorbene Mutter vergessen kann, wird der Vater in die finnische Kultur eingeweiht: Sauna. Eisbad. Schnaps und Tanz. Auch den Charme der fürsorglichen Sirkka lernt der Witwer zunehmend schätzen.

Als Bruder des berühmten Aki stand Mika Kaurismäki meist im Schatten des coolen Kultregisseurs. Tatsächlich fällt seine Filmografie eher durchwachsen aus. Erfolge wie die Musik-Doku „Mama Africa“ blieben die Ausnahme - was sich nun wiederholen könnte, siehe Publikumspreis bei den Nordischen Filmtagen Lübeck. Die Story selbst mag recht schlicht und ziemlich vorhersehbar sein, doch sie wird charmant erzählt und überzeugend gespielt. Die hierzulande unbekannten Anna-Maija Tuokko und Chu Pak-hong sammeln als charmantes Liebespaar schnell Sympathiepunkte, derweil die knorrigen Nebenfiguren für reichlich Heiterkeit und Situationskomik sorgen.

Vor der idyllischen Postkarten-Kulisse finnischer Wälder und Seen präsentiert sich die Begegnung der unterschiedliche Kulturen als hübsches Beispiel, wie aus Fremden bald Freunde werden. Zum Salz in der Suppe dieser warmherzigen Komödie geraten jene fernöstlichen Köstlichkeiten, die der Titelheld mit leichter Hand samt philosophischer Weisheit zubereitet und sein Regisseur genussvoll zelebriert. Kino und Kochen hat eben fast immer Gelinggarantie.

Dieter Oßwald