Manchmal wird Historie unterdrückt, man spricht nicht darüber, in Geschichtsbüchern finden sich allenfalls Fußnoten, Ereignisse werden vergessen – solche wie bei „Mein Sohn, der Soldat“, denn hier geht es um afrikanische Männer, die von den französischen Kolonialherren zwangsverpflichtet wurden, um im Großen Krieg zu kämpfen. Ein Film, der nach jahrelanger Entwicklung endlich Wirklichkeit wurde.
Webseite: https://www.weltkino.de/filme/mein-sohn-der-soldat
Tirailleurs
Frankreich 2022
Regie: Mathieu Vadepied
Buch: Olivier Demangel, Mathieu Vadepied
Darsteller: Omar Sy, Alassane Diong, Jonas Bloquet
Länge: 98 Minuten
Verleih: Weltkino
Kinostart: 2. November 2023
FILMKRITIK:
Im Senegal herrschen die Franzosen, die junge afrikanische Männer aus ihren Dörfern entführen und für die Armee zwangsverpflichten. Dann werden sie auf die europäischen Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs geschickt. Als Bakarys Sohn Thierno von den Franzosen erwischt wird und es ihm nicht möglich ist, ihn zu befreien, verpflichtet der Vater sich freiwillig für die Armee. Sein Ziel: Seinen Sohn zu beschützen, aber das ist alles andere als leicht.
Als Mathieu Vadepied Ende der 1990er Jahre erstmals von den Tirailleurs hörte, war er fasziniert. Dies waren afrikanische Soldaten, die nicht freiwillig, sondern gezwungenermaßen für die Franzosen im Ersten Weltkrieg kämpften. Sie wurden entführt, in die Schlacht geschickt, man versprach ihnen die französische Staatsbürgerschaft und dann brach man dieses Versprechen. Vadepied arbeitete über Jahre hinweg an dieser Geschichte. Als Kameramann von „Ziemlich beste Freunde“ lernte er Omar Sy kennen, der sich für „Mein Sohn, der Soldat“ begeisterte und die Rolle des Sohnes spielen wollte. Aber die Finanzierung gelang nie, die Jahre zogen ins Land und Omar Sy wurde zu alt für die Sohnesrolle. Er wollte nur noch produzieren, Vadepied ermunterte ihn jedoch, den Vater zu spielen.
Der Film ist relativ langsam erzählt, er wirkt damit aber auch sehr konzentriert und vertieft das Schicksal von Soldaten, die in einem Krieg kämpfen und sterben mussten, der mit ihnen eigentlich gar nichts zu tun hatte. Das illustriert der Film auch sehr gut, der auch den Rassismus, der mit all dem einherging, anprangert. Aber er gerät nie ins Predigen, sondern zeigt die Geschichte, wie sie war. Der Film lässt sie sich entfalten und für sie sprechen, er braucht keine plakativen Botschaften. Das Publikum versteht instinktiv.
„Mein Sohn, der Soldat“ ist vor allem in Frankreich ein wichtiger Film, weil er ein Stück Vergangenheitsbewältigung darstellt, wie sie gerade auch der deutsche Film in Hinblick auf das Dritte Reich immer wieder geleistet hat. Der Film rückt ein Unrecht in den Fokus, das zu lange völlig unbekannt war.
Das macht ihn zu einem wichtigen Film, er ist aber auch gut, und er wartet mit zwei tollen Schauspielern auf. Omar Sy und Alassane Diong harmonieren als Vater und Sohn sehr gut. Man merkt ihnen die tatsächliche verwandtschaftliche Beziehung an. Sy ist Diongs Onkel.
Peter Osteried