Beim Wandern findet man sich selbst, was wohl auch damit zu tun hat, dass man die meiste Zeit alleine ist. Vielleicht beginnt die Wanderung in einer Gruppe, aber jeder geht in seinem eigenen Tempo, allein mit seinen Gedanken. Kein Wunder, dass das Wandern ein perfekter Weg zur Selbstfindung ist. Als Bill Bennett sich auf den Camino begibt, den Jakobsweg, weiß er gar nicht, wieso er das tut, hofft aber, es auf dem Weg herauszufinden.
Über den Film
Originaltitel
The Way, My Way
Deutscher Titel
MEIN WEG – 780 km zu mir
Produktionsland
AUS
Filmdauer
98 min
Produktionsjahr
2024
Regisseur
Bennett, Bill
Verleih
MT Trading GmbH / HAPPY ENTERTAINMENT
Starttermin
24.04.2025
Der Australier Bill Bennett hatte nie viel mit Wandern am Hut. Mit Pilgern schon gar nicht. Aber er ist fasziniert von der Idee, den Jakobsweg zu durchwandern. 780 Kilometer in 30 Tagen – ein strammes Programm. Insbesondere, wenn man mit einem Knie wandert, das schon vor dem Marsch angeschlagen war. Das merkt auch Bill, der gar nicht so recht weiß, wieso er diese Wanderung macht. Auf seinem Weg fragt er praktisch jedem, den er begegnet, was ihn auf den Jakobsweg gebracht hat. Er wiederum hofft, seine eigene Antwort zu finden, einen Kilometer nach dem anderen.
Der australische Filmemacher Bill Bennett ist wirklich auf dem Jakobsweg gewandert. Er hat dann auch ein Buch über diese Erfahrung geschrieben, das in seiner Heimat sehr gut lief. Auf Basis dessen schrieb er schließlich das Drehbuch, fand die Finanzierung und inszenierte die Geschichte seiner Wanderung. Mit Chris Haywood fand er sogar einen Schauspieler, der ihm ein wenig ähnlichsieht.
Als Bill loszieht, ist er so etwas wie ein Griesgram. Immer am Nörgeln, nichts ist ihm recht, noch nicht mal die Fotos, die andere von ihm machen (weil: zu viel Headroom!), aber je länger er sich auf der Wanderung befindet, desto mehr verändert er sich. Es sind die Gespräche mit Fremden, die bei ihnen, aber auch bei ihm Geständnisse zutage fördern, die sonst niemandem eingestanden werden würden. Aber das Alleinsein, das Wandern, das Nachdenken, das Gespräch mit den anderen Wanderern sorgt für eine seltsame Form von Introspektion. Religiös ist Bill dabei nicht, aber man könnte sagen, er entwickelt eine gewisse Form von Spiritualität.
„Mein Weg – 780 km zu mir“ sieht phantastisch aus. Die Dreharbeiten in Frankreich und Spanien entlang dem Camino de Santiago zeigen die wunderbare Schönheit dieser Tour. Der Film arbeitet hier auch mit der Sehnsucht des Publikums. Danach, selbst so etwas zu erleben, wohlwissend, dass die wenigsten sich jemals dazu durchringen werden, eine Wanderung wie diese zu machen. Bill begegnet dabei immer wieder den gleichen Menschen. Das mag nicht besonders authentisch sein, erlaubt aber eine tiefere Erzählebene, da er mit diesen Menschen ganz anders zu reden beginnt.
Der Film ist dabei romantisierend, er zeigt das Wandern trotz Bills Problemen, denen er mit immenser Sturheit begegnet, als etwas Transzendentes. Die Schattenseiten werden weggelassen. Wer wissen möchte, wie es um die besteht, kann in Kürze schon den nächsten Film ansehen, der auf einer wahren Wanderung beruht: Der Salzpfad.
Peter Osteried
Peter Osteried