Mickey 17

Zum Vergrößern klicken

Auf „Mickey 17“ musste man lange warten. Ursprünglich war der Kinostart für April 2024 vorgesehen, ein knappes Jahr später gibt es ihn nun endlich. Immerhin: Das Warten hat sich gelohnt. Autor und Regisseur Bong Joon-Ho erzählt von einer Weltraummission, in der es auch um das klassische Thema des Künstlers geht: den Klassenkampf. Nur dass die Habenichtse – oder besser gesagt: einer von ihnen – nicht nur ausgebeutet werden, sondern gleich sterben.

Webseite: https://www.warnerbros.de/de-de/filme/mickey-17

Mickey 17
USA 2025
Regie: Bong Joon Ho
Buch: Bong Joon Ho
Darsteller: Robert Pattinson, Steven Yeun, Michael Monroe

Länge: 137 Minuten
Verleih: Warner Bros
Kinostart: 6. März 2025

FILMKRITIK:

Mickey hat sich zur Reise nach Niflheim, die mehr als vier Jahre dauert, gemeldet. Als Expendable. Das heißt, als jemand, von dem eine Blaupause gemacht und dessen Gedächtnis regelmäßig gespeichert wird, so dass man nach seinem Tod eine neue Version von ihm „ausdrucken“ kann. Er musste den Job annehmen, weil er weg von der Erde musste. Aber er hätte sich nicht vorgestellt, dass die Mickeys am laufenden Band sterben. Er ist bereits Mickey 17. Dann passiert ein Fehler und Mickey 18 erwacht …

Mit Edward Ashtons Roman „Mickey 7“ (Bong Joon-Ho erhöhte auf 17, um mehr Mickey-Tode zeigen zu können) hat der südkoreanische Regisseur einen Stoff gefunden, der ganz auf seiner Wellenlänge liegt. Es geht um die Kluft zwischen denen da oben und denen da unten, hier der von Mark Ruffalo überzogen gespielte Politiker und Führer seiner kleinen Gemeinde, Kenneth Marshall, dort Mickey 17, dessen Aufgabe das Draufgehen ist. Den anderen an Bord ergeht es nur wenig besser. Scheißfraß für die Besatzung, gutes Essen für die herrschende Kaste. Der Film wirkt heute vielleicht noch ein wenig prägnanter als er es im letzten Jahr getan hätte, mit Donald Trump im Weißen Haus, mit Kenneth Marshall als selbstverliebten Possenreißer, mit ihrer beider Anhänger, die gerne rote Kappen tragen.

Wie bei „Snowpiercer“, aber auch bei „Parasite“ geht es Bong Joon-Ho um den Unterschied. Darum, eine Welt zu zeigen, in der Reich und Arm aus dem Lot geraten sind. Das war bei „Snowpiercer“ actionreich, bei „Parasite“ satirisch. Bei „Mickey 17“ ist das irgendwo dazwischen. Denn mit grimmigem Humor ist auch dieser Sci-Fi-Film ausgestattet. Zugegeben, er ist etwas plakativer, als Bong Joon-Hos direkter Vorgänger, aber dennoch ein Film, der auf mehreren Ebenen zu punkten versteht.

In Hinblick darauf, wie ein Wahlvolk für dumm verkauft wird und sich auch sehenden Auges für dumm verkaufen lässt. Aber auch mit dem Fokus auf den Konflikt mit den Ureinwohnern von Niflheim, der nur die arrogante Selbstüberschätzung derjenigen zeigt, die glauben, sie würden über allem stehen. Das alles hat der Regisseur in mitreißende Bilder gepackt. Das Format 1,85:1 ist vor allem in Hinblick auf die Enge des Raumschiffs gut. Es fördert eine klaustrophobische Wirkung. Die Schauspieler – einfach hervorragend.

Robert Pattinson, dessen Mickey 17 ein etwas einfach gestrickter Typ ist, brilliert in einer Doppelrolle, denn Mickey 18 ist eher von der Sorte „Harter Hund, der sich nichts gefallen lässt“. Mark Ruffalo spielt den Politiker als selbstherrlichen Betrüger, seine Frau wird von Toni Collette gespielt – als enthemmte Hedonistin, der nur eines wichtig ist: die richtige Sauce für das richtige Gericht. Das kurze Stöckchen hat Steven Yeun gezogen. Seine Figur, Mickeys ehedem bester Freund Timo, bleibt unterentwickelt.

Es ließe sich über das Ende diskutieren, ebenso über die anderen Anwendungsmöglichkeiten der Menschen-Druckmaschine, aber das sind Details. Für den Genuss des Films nicht essenziell, denn der ist trotz einer Laufzeit von 137 Minuten flott erzählt und lässt keine Minute Leerlauf aufkommen. „Mickey 17“ ist nicht nur große Sci-Fi, er ist auch ein großer Film. Sehr sehenswert!

 

Peter Osteried