Milos Forman – What doesn’t kill you

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Seine Filme wie „Hair“,  „Ragtime“ oder „Amadeus“ sind Meisterwerke der Filmgeschichte, zudem gewann er zweimal den Regie-Oscar: der Tscheche Miloš Forman. Einen Einblick in die Entstehung dieser Klassiker sowie in die Arbeitsweise des Regisseurs  bietet die aufschlussreiche Doku „What doesn’t kill you“. Auch liefert sie intime Einsichten in das von Schicksalsschlägen gekennzeichnete Privatleben Formans. Die tschechische Produktion porträtiert Forman auf eindringliche Weise und vor allem die sehr persönlichen, sensiblen Beobachtungen und Äußerungen sind es, die den Film so empfehlenswert machen. 

Webseite: www.dualfilmverleih.de

Tschechiche Republik 2009
Regie: Miloslav Šmídmajer
Drehbuch: Miloslav Šmídmajer
Darsteller: Miloš Forman, F. Murray Abraham, Javier Bardem, Michael Douglas, Annette Bening, Woody Harrelson
Länge: 104 Minuten
Verleih: Dualfim
Kinostart: 06. Oktober 2016
 

FILMKRITIK:

Er zählt zu den wegweisenden europäischen Filmemachern: der Tscheche Miloš Forman, der u.a. mit „Amadeus“ und „Einer flog über das Kuckucksnest“ unvergängliche Klassiker schuf, für die er mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet wurde. Die Dokumentation „What doesn’t kill you“ widmet sich Arbeitsweise und Werk von Forman, der Vater von vier Zwillingssöhnen ist. Aber auch sein Privatleben von Forman wird beleuchtet: von den Schrecken des Zweiten Weltkriegs über die Emigration in die USA im Zuge des Prager Frühlings bis hin zum schwierigen Start als junger Filmemacher in Amerika. Berufliche wie private Weggefährten kommen zu Wort, u.a., seine ersten beiden Zwillingssöhne. Diese sah Forman, nachdem er 1968 die Tschechoslowakei verließ, für Jahrzehnte nicht wieder.

Über ein Jahr begleitete der tschechische Regisseur Miloslav Smidmajer den Oscar-Gewinner Forman für diesen Film. „What doesn’t kill you“ ist bereits sieben Jahr alt, findet nun aber doch noch den Weg in die deutschen Kinos. Die Tatsache, dass sich Forman Smidmajer in privater Atmosphäre für diesen Film derart öffnete, liegt in der jahrelangen Freundschaft der Beiden begründet. Schon 1990 realisierte Smidmajer eine Forman-Dokumentation. Auch mit einigen Darstellern bekannter Forman-Filme sprach Smidmajer für seine jüngste Forman-Doku, u.a. mit F. Murray Abraham („Amadeus“) und Woody Harrelson („Larry Flynt“).

Auf einnehmende, informative Art bringt Smidmajer hier die beiden Komponenten „Beruf“ sowie „Privatleben“ zusammen und schafft so das umfassende, aufschlussreiche Porträt eines der spannendsten europäischen Filmemacher der jüngeren Vergangenheit. Mit Formans Leben ist auch über ein halbes Jahrhundert europäische (Leidens- und Schreckens-) Geschichte verbunden. Offen und freimütig spricht Forman über den Tod der Eltern in den Vernichtungslagern des Nazi-Regimes sowie die Schikanen der kommunistischen Machthaber, die ihn letztlich auch zum Verlassen seiner Heimat zwangen. Berührende Momente – sowohl für den Zuschauer als für auch Forman selbst – entstehen, wenn Smidmajer den zum Zeitpunkt des Films 77-jährigen, zu wichtigen Stationen seines Privatlebens begleitet.

So ist Smidmajer z.B. hautnah dabei, wenn Forman zum alten Wohnort der Eltern fährt, der auch heute noch in Familienbesitz ist. Als eines der  ersten Hotels in der Gegend überhaupt, erbauten diese das Haus vor fast hundert Jahren. Oder wenn er durch die Straßen seiner alten amerikanischen Heimat läuft, die er schon damals, als junger Mann und unerfahrener Filmemacher, durchquerte – immer auf der Suche nach Inspiration in den neuesten Bars, um mit Gleichgesinnten und Künstlern ins Gespräch zu kommen, wie er selbst sagt. Ein paar Jahre später kennt er die erfolgreichsten Regisseure der Welt persönlich. Bis heute weitgehend Unbekanntes, eröffnet Forman Smidmajer z.B. über die letzten Lebenswochen von Meisterregisseur François Truffaut.

Einen der einfühlsamsten und intimsten Momente zeigt der Film, wenn man Forman in einer Szene vor dem Fernseher seiner Wohnung sieht. Ganz allein sitzt er da und schaut sich die Oscar-Verleihung von 1985 auf Video an. Hier kommt Nostalgie auf, auch beim Zuschauer, der hier in eine Zeit katapultiert wird, in der Forman die Welt zu Füßen lag. Für „Amadeus“ erhielt er den zweiten Regie-Oscar. Mit acht Auszeichnungen erwies sich das opulente Musik-Drama als der große Abräumer der Verleihung. Diese intensiven Szenen sind wohl die größte Stärke des Films, die auf der Nähe und dem Vertrauen zwischen Forman und Smidmajer beruht.

Film- und der Filmgeschichts-Interessierte erfahren zudem unzählige, wissenswerte Hintergrundinfos und Anekdoten zu Formans Werken. Und einige der Darsteller jener Filme erweitern diese Infos noch um ganz private Erinnerungen an die Drehzeit, so z.B. F. Murray Abraham, der für „Amadeus“ den Nebendarsteller-Oscar erhielt. „Er will immer nur das Beste – so ist Miloš Forman“, sagt er einmal in die Kamera und macht damit auch dessen Perfektionismus deutlich – vermutlich eines der Erfolgsrezepte des Regisseurs. 

Björn Schneider