Miss Sixty

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Zum Niederknien: Iris Berben und Edgar Selge in einer intelligenten und hochgradig witzigen Komödie made in Germany! Vielleicht werden die beiden zum Traumpaar des Kinofrühlings, denn die verzwickte Geschichte von der unangepassten Sechzigjährigen mit Kinderwunsch und vom berufsjugendlichen Weiberhelden mit 68er Vergangenheit bietet jede Menge Spaß, knackige Dialoge und überraschende Wendungen. Ein turbulenter, frischer Film, in dem bei aller Komik viel Wahrheit und Lebensweisheit steckt.

Webseite: www.miss-sixty.senator.de

Deutschland 2013
Regie: Sigrid Hoerner
Drehbuch: Jane Ainscough
Darsteller: Iris Berben, Edgar Selge, Carmen-Maja Antoni, Björn von der Wellen, Jördis Richter, Götz Schubert, Kirsten Block, Michael Gwisdek
98 Minuten
Verleih: Senator
Kinostart: 24. April 2014

PRESSESTIMMEN:

"Eine charmante Komödie."
Brigitte

FILMKRITIK:

Die Biologin Luise (Iris Berben) hat vor lauter Arbeit vergessen, ein eigenes Leben zu führen. Aber das fällt ihr erst so richtig auf, als sie mit 60 geschasst wird. Vielleicht hätte sie ein bisschen netter zu den Kollegen sein sollen, vielleicht hätte sie nicht mit ihrem Ex-Lover als Chef weiter zusammenarbeiten sollen … Doch Luise neigt nicht zu Selbstvorwürfen. Sie ist aber einigermaßen erschüttert von der Aussicht, nun plötzlich Tag und Nacht mit ihrer spleenigen Mutter (Carmen-Maja Antoni) zu verbringen. Da tauchen eines Tages im Labor einige tiefgekühlte menschliche Eier auf, die Luise vor vielen Jahren für ein Experiment gespendet hatte: prima in Schuss, frisch wie am ersten Tag. Viel zu schade zum Wegwerfen! Und Luise nimmt sich vor, Mutter zu werden.
 
Der Galerist Frans (Edgar Selge) liebt die Kunst und die Frauen, die gar nicht jung genug sein können. Zurzeit hat er ein schwunghaftes Verhältnis mit seiner Assistentin, der schnuckeligen Studentin Romy (Jördis Richter), die ihn körperlich an seine Grenzen führt – und darüber hinaus! Das bedeutet nicht nur ständigen Leistungsdruck, sondern auch gravierende Rückenprobleme. Sein erwachsener Sohn Max (Björn von der Wellen) ist tatsächlich deutlich vernünftiger als der berufsjugendliche Vater, der sich mit seinem Balzverhalten nicht nur vor seinem Sprössling lächerlich macht.
 
Dank des schön konstruierten Drehbuchs von Jane Ainscough (DIE WOLKE, ELTERN) werden diese beiden herrlich gegensätzlichen Charaktere aufeinander losgelassen. Ein zufälliges Aufeinandertreffen, und schon geht die Post ab! Die zickige Luise und der hundsgemeine Macho Frans liefern sich schwungvolle, verbale Duelle, die mit den schönsten Screwball Comedys der Filmgeschichte locker mithalten können. Für alle romantischen Komödien, von Katherine Hepburn über Meg Ryan bis Renée Zellweger, von Cary Grant und Billy Crystal bis Colin Firth, gilt: Je größer die Abneigung, desto cooler die Dialoge, denn das gehört zum Spiel und verstärkt den Reiz. Was Iris Berben und Edgar Selge daraus machen, ist einerseits atemberaubend komisch und andererseits tatsächlich glaubwürdig, auch in der Entwicklung der beiden Helden, über die hier wenig verraten werden soll.
 
Glücklicherweise wird das Publikum von den bekannten, als komisch geltenden TV-Klischees hier weitgehend verschont. Deren exzessive Verwendung ist bekanntlich ein probates Mittel, um das zu treffen, was sich allgemein „Publikumsgeschmack“ nennt und womit man zielsicher meist danebentrifft. Ganz anders hier: Vielleicht liegt es an der britischen Drehbuchautorin, dass die Figuren so originell wie realistisch sind. Edgar Selge spielt einen aufgeblasenen Gockel, der den Kampf gegen schütter werdendes Haupthaar und Rückenprobleme absehbar verlieren wird. Zu seinem Image gehört, dass er alles mitmacht, was bei der Jugend angesagt ist oder womit man wenigstens Eindruck schinden kann bei den Mädels. Selbstverständlich fährt er einen offenen Sportwagen, er lässt sich ein Zungenpiercing verpassen und quält sich beim Sex mit Turnübungen. Ganz uneitel und ohne großes Brimborium unterwirft sich Edgar Selge dem Drehbuch und seiner Rolle, sein Frans ist ein drahtiger, beinahe leiser Typ, der ganz nebenbei und selbstverständlich die größten Gemeinheiten hervorzischt, so wie es sich für einen Bildungsbürger gehört. Anders, aber genauso gut dagegen Iris Berben, die zu den wenigen Frauen in der deutschen Medienlandschaft gehört, die wirklich komisch sein können. Sie spielt eine Frau, die von jahrzehntelanger Laborarbeit angestaubt ist. Optisch und modisch ist sie irgendwo in den 70ern stecken geblieben. Lediglich die heftig wippende Außenwelle der altmodischen Frisur zeigt von weitem ihre Emotionen an – ansonsten hat sie gelernt, sich zusammenzureißen, sie handelt folgerichtig und rational, denn schließlich ist sie Wissenschaftlerin. Wenn da nicht diese gelegentlichen Ausbrüche wären! Iris Berben zeigt als Luise die ganze Bandbreite ihres Könnens, die komische Seite wie die tragische, und sie kann noch immer sehr sexy sein! Vor allem schafft sie es tatsächlich, eine 60-Jährige mit Kinderwunsch psychologisch glaubwürdig darzustellen, ohne dabei in Klischees zu verfallen.
 
Auch wenn das ungleiche Paar Luise und Frans im Mittelpunkt steht: In den kleineren Rollen darf ebenfalls brilliert werden. Carmen-Maja Antoni ist Luises schrullige, aber liebenswerte Mama, Frans‘ einziger Vertrauter wird gespielt von einem erfreulich zurückhaltenden Michael Gwisdek, die junge Geliebte Romy ist Jördis Richter – niedlich und taff zugleich. Björn von der Wellen spielt Frans‘ Sohn Max als modernen Softie, der seinem Vater mit liebevoller Ironie begegnet.
 
Und dass es tatsächlich auch mal ernster wird, dass in diesem turbulenten, frischen Film bei aller Komik viel Wahrheit und Lebensweisheit steckt … all das und noch viel mehr gilt es im Kino zu entdecken!
 
Gaby Sikorski