Modest Reception

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Ein Paar aus der iranischen Oberschicht fährt durch die Berge und verteilt säckeweise Geld an die Landbevölkerung. So in etwa könnte man die lose Handlung von Mani Haghighis „Modest Reception“ beschreiben – und kommt der Essenz dieses mal an Beckett, mal an „Funny Games“ erinnernden Drama doch nicht nahe. Ein ambitioniertes, aber nicht leichtes Stück Arthouse-Kino.

Webseite: www.kairosfilm.de

Iran 2012
Regie: Mani Haghighi
Buch: Mani Haghighi, Amir-Reza Koohestani
Darsteller: Taraneh Alidoosti, Mani Haghighi, Saeed Changizian, Esmail Khalaj, Ghorban Najafi
Länge: 100 Minuten
Verleih: Kairos
Kinostart: 27. Juni 2013

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Bekannt ist der iranische Regisseur Mani Haghighi vor allem als Schauspieler aus Asghar Farhadis „About Elly.“ Zwar schrieb er für den momentan erfolgreichsten iranischen Regisseur auch das Drehbuch zu „Fireworks Wednesday“, doch auch wenn Haghighi in seinen eigenen Filmen ebenfalls das Verhältnis zwischen gesellschaftlichen Schichten analysiert, könnten seine Filme nicht unterschiedlicher sein. Während Farhadi bei aller Vielschichtigkeit stets zugänglich bleibt und zum Melodram neigt, sind die Hauptfiguren in Mani Haghighis „Modest Reception“ betont unsympathisch.

Dabei tun Leyla (Taraneh Alidoosti) und Kaveh (Haghighi selbst) vordergründig Gutes: Sie verteilen Geld. Und das gleich Säckeweise. Mit ihrem Auto fährt das Duo (ob sie Ehepaar, Bruder und Schwester, Chef und Angestellte sind bleibt wie fast alles andere offen) durch die nordiranischen Berge. Im Kofferraum haben sie Säcke voller Geld gebunkert, die sie an die von nicht genau erklärten Bombenangriffen gebeutelte Bergbevölkerung verteilen wollen. Doch die zeigen wenig Interesse an dem Geschenk, geben vor, alles zum Leben zu besitzen und lassen sich höchstens mit zunehmend komplizierten Lügengeschichten zur Annahme des Geldes überreden.

So geht das eine ganze Weile, immer schwieriger wird das Geld verteilen und bald beginnen Leyla und besonders Kaveh das Geschenk mit Bedingungen zu verknüpfen: Ein Arbeiter muss schwören, seinem Bruder nichts vom Geld abzugeben, auch wenn der damit Heiraten könnte. Dann, besonders perfide, soll ein Lehrer zustimmen, sein gerade gestorbenes Baby nicht zu begraben, damit die herumstreunenden Hunde auch etwas zum Essen haben. Als der Lehrer schließlich zustimmt, begräbt Kaveh das Baby eigenhändig, nun selbst verzweifelt ob der erneut erwiesenen moralischen Schwäche der Menschen.

Das Haghighi keinerlei Kontext liefert, die Beweggründe seiner Figuren komplett offen bleiben, sie zudem durch ihr erratisches Verhalten kaum nachvollziehbar sind, macht seinen Film alles andere als zugänglich. Zumal auch seine Ideologie eher vage bleibt. Dass es um das Verhältnis der Menschen zum Geld geht ist offensichtlich, doch viel entscheidender ist der moralische Verfall, den Haghighi festzustellen glaubt. Nur wenige der Versuchspersonen können dem Drang widerstehen, für unvorstellbare Geldsummen zu lügen, unmoralisch zu agieren, sich selbst zu verleugnen. Dass diese Reaktionen nur durch ebenso fragwürdiges Verhalten der quasi Versuchsleiter herbeigeführt werden, ist einer der Vielen Widersprüchlichkeiten, die Haghighi betont. Insofern ist die enigmatische Form, die er mit „Modest Reception“ wählt, die rätselhafte Handlung, die unzugänglichen Figuren nur konsequent. Einfach macht er es seinem Publikum damit aber nicht, doch einfach ist die Welt und das Verhältnis der Menschen zueinander eben auch nicht.

Michael Meyns