Nosferatu – Der Untote

Zum Vergrößern klicken

Tatsächlich nicht tot zu bekommen ist „Nosferatu – Der Untote“, auch bekannt als Dracula, dessen Geschichte im Lauf der Filmgeschichte immer wieder erzählt wurde. Nun versucht sich Robert Eggers an einer neuen Version, die bewusst auf Friedrich Murnaus legendären, gut einhundert Jahre alten Film zurückgreift.

Nosferatu – Der Untote
USA 2024
Regie: Robert Eggers
Buch: Robert Eggers, nach dem Drehbuch von Henrik Galeen und dem Roman von Bram Stoker
Darsteller: Lily-Rose Depp, Nicholas Hoult, Aaron Taylor-Johnson, Emma Corrin, Bill Skarsgård, Willem Dafoe

Länge: 132 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 2. Januar 2025

FILMKRITIK:

Ellen Hutter (Lily-Rose Depp) wird von Alpträumen geplagt, die wie sexuelle Phantasien wirken, aber auch alptraumhafte Schrecken andeuten. Jahre später ist sie mit Thomas Hutter (Nicholas Hoult) verheiratet, der in Wisborg eine Anstellung bei einem seltsamen Anwalt und Immobilienmakler erhält.
Ein mysteriöser Auftrag würde seine Stellung in der Firma sichern, doch dafür muss Thomas ins Ferne Transsylvanien reisen, wo Graf Orlock (ein hinter dickem Makeup nicht zu erkennender Bill Skarsgård) wartet. Dieser möchte in Wisborg ein verlassenes Haus erwerben, denn in seiner Vision hat er Ellen gesehen und verlangt nach ihr.
Während Thomas im fernen Osten feststeckt, siecht Ellen zur Verzweiflung des befreundeten Paares Anna und Friedrich Harding (Emma Corrin und Aaron Taylor-Johnson) dahin. Allein der seltsame und von der traditionellen Medizin verstoßene Professor Albin Eberhart von Franz (Willem Dafoe) ahnt, was mit Ellen passiert, doch der verführerischen, dämonischen Macht des Grafen hat er wenig entgegenzusetzen.
Schon als er für seinen Debütfilm „The Witch“ auf Promotionstournee war, sprach Robert Egegrs von seinem Wunsch, den Horror-Klassiker „Nosferatu“ neu zu verfilmen. Also nicht einfach einen weiteren Dracula-Film zu drehen, sondern sich unmittelbar auf Friedrich Murnaus Stummfilm aus dem Jahre 1922 zu beziehen, der aus urheberrechtlichen Gründen so tun musste, als wäre er keine direkte Verfilmung von Bram Stokers berühmtem Roman. Was schon damals natürlich niemanden täuschen konnte, erst recht nicht Stokers Witwe, die erfolgreich gegen Murnau und seine Produzenten klagte und sogar erreichte, dass alle Kopien von „Nosferatu“ vernichten werden sollten. Das geschah zum Glück nicht, Murnaus Film begründete das Horror-Genre und der Rest ist sozusagen Geschichte.
Unzählige, sich mehr oder weniger nah an der Romanvorlage bewegende Dracula-Filme sind seitdem entstanden, laut dem Guinness Buch der Rekorde war keine literarische Figur so oft Vorlage für eine Filmfigur. Wenn nun als Robert Eggers eine weitere Dracula-Version vorlegt, muss man natürlich fragen: Warum?
Nach den gut 130 Minuten von Eggers „Nosferatu“ fällt eine Antwort schwer, denn im Kern ist dieser neue Dracula-Film genau das, aber auch nicht mehr: Eine neue Version einer bekannten Geschichte. Visuell beeindruckend ist das ohne Frage, aber an den visuellen Fähigkeiten Eggers gab es nie Zweifel. Seine Lust an elaborierten Kamerabewegungen und vor allem einem sehr markanten Sound-Design lebt er aufs schönste aus. Alptraumhafte Momente entstehen, gerade wenn Ellens zunehmende Manie, ihre Besessenheit gezeigt wird. In diesen Momenten erinnert diese Dracula-Variante oft eher an einen Exorzisten-Film, mit ganzem Körpereinsatz verkörpert Lily-Rose Depp die vom Gedanken an Orlock überwältigte, die sich nach einem Mann verzehrt, der bald als Wesen zwischen Mensch und Dämon über und in sie kommt.
Doch solche eindringlichen Momente bleiben die Ausnahme, meist hangelt sich Eggers penibel an der bekannten Geschichte entlang, die er gleichermaßen als Adaption von Henrik Galeens Original-Drehbuch für den Murnau-Film und des Dracula-Romans bezeichnet. Eine Hommage mag man diesen „Nosferatu“ also nennen, aber auch eine Rückkehr zu einem gefährlichen, aggressiven Dracula. Machte etwa Werner Herzog in seiner „Nosferatu“-Version von 1979 aus Dracula einen tragischen Anti-Helden, ist der ewige Untote bei Eggers zwar verführerisch, aber durch und durch bedrohlich. Vom fast schon Dandyhaften Liebhaber wie ihn etwa Gary Oldman in Francis Ford Coppolas Dracula-Film spielte, ist Skarsgårds Version weit entfernt. Ob das allerdings genug war, um eine stilistisch zwar in vielen Momenten ansprechende, aber am Ende doch etwas redundante Neuverfilmung eines allzu bekannten Stoffes zu drehen, sei dahingestellt.

Michael Meyns