One in A Million

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Zwei Mädchen, die eine aus der norddeutschen, die andere aus der amerikanischen Provinz, stehen im Mittelpunkt von Joya Thomes Dokumentarfilm „One in a Million.“ Verbunden sind Whitney Bjerken und Yara Storp wie Millionen gleichaltrige durch die sozialen Medien, die eine als zunehmend erfolgreiche Online Persönlichkeit, die andere als deren Fan.

Deutschland 2022
Regie: Joya Thome
Buch: Lydia Richter, Joya Thome, Philipp Wunderlich
Dokumentarfilm

Länge: 84 Minuten
Verleih: UCM.ONE
Kinostart: 20. April 2023

FILMKRITIK:

Gleich zu Beginn von Joya Thomes Dokumentarfilm „One in a Million“ sieht man, wie Whitney Bjerken mit zunehmender Begeisterung verfolgt, wie die Anzahl der Follower ihres YouTube-Kanals sich der Million nähert, um diese magische Zahl schließlich zu überspringen. Gefilmt wird die 14jähige dabei von ihrem Vater, dessen Job es zu sein scheint, seine Tochter zu ihren Terminen im Turnverein zu fahren und sie zu filmen, wenn sie sich selbst einmal gerade nicht filmen kann, etwa wenn sie beide Hände braucht, um am Reck zu turnen.

Auf lokaler Ebene hat Whitney schon Erfolge gefeiert, die Chance besteht, dass sie es auch auf nationaler Ebene schaffen könnte, sich vielleicht sogar für die Olympischen Spiele qualifizieren kann. Doch nicht etwa wegen etwaiger außergewöhnlicher (sportlicher) Erfolge folgen inzwischen 1,6 Millionen Menschen dem Leben von Whitney, sondern wegen. Ja, weswegen eigentlich? Weswegen werden ganz banale Videos von Whitney oder Anderen YouTube oder Instagram-Persönlichkeiten zu Hunderttausenden oder gar Millionen geklickt, weswegen folgt ein gleichaltriges Mädchen namens Yara Storp aus dem norddeutschen Neumünster der tausende Kilometer, auf einem anderen Kontinent lebenden Whitney?

Zum einen, weil sie selber turnt, eher auf Hobbyebene und nicht semiprofessionell, vielleicht auch, weil Whitney ihre Videos irgendwann likete, ein virtueller Kontakt entstand, eine ephemere Verbindung, wie sie in Zeiten der globalen Online-Vernetzung oft wichtiger erscheint, als Kontakte und Begegnungen in der realen Welt.

Nach ihren beiden erfolgreichen Spielfilmen „Königin von Niendorf“ und „Lauras Stern“ hat Joya Thoma – Tochter des Regisseurs Rudolf Thome – nun zum ersten mal einen Dokumentarfilm realisiert. Ihren Themen, ihrem Stil bleibt sie jedoch auch in „One in a Million“ treu: Weibliche Coming-of-Age-Geschichten, ruhig und unprätentiös beobachtet, mehr zeigend als auf den Punkt bringend.

Die Biographien der beiden Mädchen stehen eher lose nebeneinander, interessieren weniger durch ihr jeweils Spezielles, sondern durch das Allgemeingültige, dass diese beiden Teenagerinnen verkörpern. Durch die Zwangsunterbrechung Corona dauerte die Arbeit am Film viel länger als geplant, erwies sich aber vielleicht als Glücksfall. Denn so ist eine Entwicklung zu spüren, bleiben die Mädchen nicht 14, fast noch Kinder, sondern sind am Ende ein paar Jahre älter und fast Erwachsen. Und während Whitney in Amerika überlegt, das Turnen an den Nagel zu hängen und sich der Musik zu widmen, entdeckt Yora ihre Liebe zu Frauen – und meldet sich am Ende tatsächlich von den sozialen Medien ab.

 

Michael Meyns