Operation Duval – Das Geheimprotokoll

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Es läuft nicht gut für den braven Buchhalter Duval. Nach langer Arbeitslosigkeit bekommt der Ex-Alkoholiker endlich einen Job. Doch was als harmloses Abtippen von abgehörten Gesprächen beginnt, gerät zum brandgefährlichen Unternehmen. Konkurrierende Geheimdienste sind die skrupellosen Strippenzieher in einem Machtspiel, das für den arglosen Helden wider Willen immer mehr kafkaeske Züge annimmt. In diesem temporeichen Polit-Thriller findet sich Frankreichs Kinostar François Cluzet wie im falschen Film - und der heißt „Ziemlich beste Feinde“!

Webseite: www.temperclayfilm.de

F 2016
Regie: Thomas Kruithof
Darsteller: François Cluzet, Denis Podalydès, Sami Bouajila, Alba Rohrwacher, Simon Abkarian, Philippe Résimont, Daniel Hanssens
Filmlänge: 90 Minuten
Verleih: temperclayfilm
Kinostart: 23. November 2017

FILMKRITIK:

Es gibt viel Applaus sowie eine Medaille: Ein Jahr ist Buchhalter Duval (François Cluzet) nun trocken, dafür wird er von seiner Gruppe der Anonymen Alkoholiker gefeiert. Bei der Job-Suche hat der Mann Mitte 50 weniger Grund zum Jubel. Ausgerechnet auf einer Beerdigung trifft er einen alten Bekannten, der einen Bekannten hat, der einen Mitarbeiter sucht. Die Stellenbeschreibung ist schlicht: Es geht um die Transkription von Audiokassetten mit aufgezeichneten Telefongesprächen. Die Umstände sind derweil reichlich seltsam. Sein neuer Chef, Monsieur Clément, stellt sich als Vertreter des Geheimdienstes vor, seine Anweisungen sind entsprechend mysteriös: Aus Sicherheitsgründen soll Duval nur auf einer alten Schreibmaschine tippen. Seinen schäbigen Arbeitsplatz in einem anonymen Wohnblock darf er zwischen 9 und 18 Uhr unter keinen Umständen verlassen. Die Vorhänge muss er geschlossen halten. Über seine Arbeit darf er mit niemandem reden.
 
Duval wundert sich, doch klaglos verrichtet er seine Arbeit. Die ersten Audiokassetten, die er abschreibt, bieten nur belangloses Blabla. Doch dann geht es in einem der abgehörten Telefonate um eine Geiselnahme. Und der Sekretär wird Ohrenzeuge eines offensichtlichen Mordes. Damit nicht genug, erscheint mit dem mürrischen Gerfaut plötzlich ein Aufpasser im Büro. Im Privatleben nehmen die Sorgen gleichfalls zu. Eine junge Frau, die er in der AA-Gruppe kennengelernt hat, ruft nachts an und klagt verzweifelt über ihren rabiaten Liebhaber.  
 
Der brave Ex-Buchhalter hat genug von all der Aufregung und will kündigen. Aber sein Aufpasser lässt ihn nicht gehen. Mit rabiaten Methoden zwingt er Duval, in der Nacht das Büro eines Anwalts zu durchsuchen, um geheime Unterlagen zu finden. Dann geschieht ein Mord. Die Ereignisse überschlagen sich. Nun hat der kafkaeske Held in seinem realen Albtraum auch noch andere Agenten auf dem Hals: „Ohne unsere Hilfe kommen Sie hier nicht lebend heraus!“ lautet die Drohung. In letzter Minute entwickelt Duval allerdings einen riskanten Plan.
 
Für sein ambitioniertes Kino-Debüt fand Regisseur Thomas Kruithof mit François Cluzet einen hochkarätigen Hauptdarsteller. Der „Ziemlich beste Freunde“-Star, der vom Aussehen hier fast ein bisschen an Dustin Hoffman erinnert, gibt den ahnungslosen Helden wider Willen mit der notwendigen Portion Verletzlichkeit und Ohnmacht. Im normalen Leben sonst stets scheiternd, wächst der brave Ex-Buchhalter in der Ausnahmesituation schließlich über sich hinaus und bietet den skrupellosen Agenten gekonnt Paroli. Cluzet gelingt das mit kleinen Gesten, auf großspuriges Getue à la Hollywood kann der Franzose getrost verzichten. Gemeinsam mit dem Publikum muss er in der spannend erzählten Story die Puzzle-Teile bei dem perfiden Katz- und Mausspiel finden und zusammensetzen. Erst beim furiosen Showdown-Finale ist Duval jenen entscheidenden Schritt voraus, der für den gelungenen Überraschungscoup sorgt.
 
Wie es sich für einen ordentlichen Polit-Thriller um Macht, Manipulation und Verschwörung gehört, lassen sich Verweise auf die Wirklichkeit entdecken. Wie eine Geiselnahme für den Wahlkampf instrumentalisiert werden kann, führte Ronald Reagan bereits anno 1979 erfolgreich gegen Jimmy Carter vor. Und wenn der konservative Kandidat und Strippenzieher auf seinen Wahlplakaten mit der Parole „Frankreich ist zurück!“ wirbt, klingt das wie „Make America Great Again“-Getöse. 

Dieter Oßwald