Parkour

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Richy liebt es, mit seinen beiden Freunden Nonne und Paule Parkour zu laufen. Beim Extremlauf durch die Stadt gibt es kein Hindernis, das der junge Gerüstbauer nicht überwinden kann. Doch bei den Problemen des Alltags sieht die Sache ganz anders aus. Ritchy steigert sich in seiner Besitz ergreifenden Liebe zu der jungen Abiturientin Hannah zunehmend in eine krankhafte Eifersucht hinein, die geradewegs auf die Katastrophe zusteuert. Das Psychodrama des Kinodebütanten Marc Rensing fängt mit kraftvollen Bildern ebenso die Dynamik des Laufens ein wie die Wahnvorstellungen seines getriebenen Helden.

Webseite: www.parkour-film.de

D 2009
Regie: Marc Rensing
Drehbuch: Marc Rensing
Darsteller: Christoph Letkowski, Nora von Waldstätten, Marlon Kittel, Constantin von Jascheroff, Arved Birnbaum
Start: 11.3.2010
100 Minuten
Verleih Projektor (Barnsteiner)
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

So lange Richy (Christoph Letkowski) in Bewegung ist, kann ihn nichts stoppen. Dann strotz der junge Gerüstbauer nur so vor Dynamik. Das gilt für die Arbeit in seiner kleinen Firma, bei der er als Chef gleich für Zwei ackert, wenn es gilt, ein Gerüst pünktlich aufzustellen. Noch eindrucksvoller zeigt sich seine physische Power allerdings bei seinem Sport. Mit den beiden Freunden Nonne und Paule läuft er in Ludwigshafen Parkour. Eine Extremsportart, bei dem es gilt, die Stadt laufend, kletternd und springend zu durchqueren. Grenzen gibt es bei dieser Art modernen Hindernislauf keine, jedes Limit scheint aufgehoben, wenn das Trio seine Tour durch die Betonwüsten und stillgelegten Fabriken macht. Richys unbändige Energie ist auch der erotische Brennstoff, der seine Beziehung zu der attraktiven Abiturientin Hannah (Nora von Waldstätten) befeuert. Doch sobald Probleme auftauchen, die nicht mit Kraft, sondern mit kühlen Kopf angegangen werden müssen, gerät der Wirbelwind ins Straucheln. Plötzlich lauern überall Gefahren, denen Richys reichlich unsouverän entgehen tritt. Schwierigkeiten mit Geschäftspartnern, Auseinandersetzungen mit den Arbeitskollegen, aber vor allem aufkommende Konflikte in der Beziehung mit Hannah schüren in ihm Angst, Panik und Paranoia. Dass seine Freundin nach dem Abitur Architektur studieren will und dafür notfalls auch in eine andere Stadt ziehen möchte, wird für ihn zum Frontalangriff auf sein angeknackstes Selbstbewusstsein. Überall lauert nun Gefahr und Verrat. Richy ist sich plötzlich sicher, dass ihn Hannah ausgerechnet mit seinem besten Freund Nonne betrügt, der ihr in Mathe unter die Arme greift. „Mich verarscht keiner!“, schreit es aus ihm heraus, bevor er mit Taten Zeichen setzt, die in Katastrophen enden.

Regisseur Marc Rensing findet für das Psychogramm seines Protagonisten die geeigneten Bilder. Pulsierende Dynamik auf der einen Seite, wenn die Kamera die rasanten Extremläufe einfängt. Die weicht einer bedrückenden Atmosphäre von Angst und Anspannung, in den Momenten, in denen Richy die Kontrolle entgleitet. Dessen Abrutschen in die Psychose mag zwar mitunter etwas überakzentuiert ausgemalt sein, aber dem Regisseur gelingt es, durch die konsequente Zuspitzung der Situationen, die nötige Spannung zu erzeugen. Je mehr sich Richys Horizont verengt, umso dramatischer werden seine Aktionen. Da hätte es Untermalung durch die zu aufgesetzte Musik oftmals nicht bedurft. Marc Rensing und seinem allzeit präsenten Hauptdarsteller Christoph Letkowski gelingt hier ein starkes Debüt, das auf der Leinwand seine ganze Kraft entfaltet.

Norbert Raffelsiefen

Parkour ist ein relativ junger Lauf- und Geschicklichkeitssport, bei dem es in bewohnten Gebieten auch über Hindernisse wie Zäune, Mauern Brücken oder Dächer geht. Richie, Paule und Nonne, drei junge Kerle und dicke Freunde, üben ihn aus.

Richie ist Gerüstbauer und betreibt mit Janko und Frankie eine kleine Firma. Das Wichtigste in seinem Leben aber ist Hannah, seine Freundin, die gerade Mathe für das Abitur büffelt.

Hannah braucht Nachhilfe. Damit Richie alles unter Kontrolle hat, bietet er der Freundin seinen Kumpel Nonne als Nachhilfelehrer an. Aber ist da was zwischen den beiden?

Janko schwafelt unaufhörlich davon, wie Frauen ihn betrogen haben. Das wird Richie zuviel. Er lässt seinen Arbeiter vom Gerüst fallen. Glücklicherweise rappelt sich Janko wieder auf.

Aber Hannahs Nachhilfe mit Nonne, Jankos Warnungen und Richies prädisponierte Eifersucht bleiben nicht ohne Spuren. Und mehr als Spuren. Zwar tankt Richie ab und zu beim Parkour-Laufen Entspannung und Freiheitsgefühle, aber das Drama ist nicht mehr aufzuhalten: Eifersucht, Panik, Paranoia, Psychose, Zusammenbruch.

Handlung, Charaktere und Milieu sind einigermaßen gut ausgesucht, das Spiel der sechs Akteure ergibt ein natürliches Bild. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Richies Verfassung. Langsam verdunkelt die extreme Eifersucht sein Leben. Dieser schleichende Krankheitsprozess wird glaubwürdig geschildert – bis um Nullpunkt.

Christoph Letkowski spielt diesen durch Krankheit belasteten Richie erstaunlich gut. Lob verdient zudem Georg Friedrich als Janko (auch wenn er leicht chargiert).

Vorübergehender Einbruch einer psychotischen Veränderung im Leben eines sympathischen und sportlichen jungen Mannes. Kein großes oder neues Thema, aber eine flotte Machart.

Thomas Engel