Pfau – Bin ich echt?

Auf die Alpenrepublik ist traditionell Verlass, wenn es um Gesellschaftssatiren der clever grotesken Art geht. Hier setzt bereits der verspielt verpeilte Titel den ersten Akzent. Die schräge Story erzählt von einem jungen Helden, der als Mann für gewisse Stunden den perfekten Bluff bietet: Ob als Vorzeige-Sohn für eine Geburtstagsparty. Oder als Kunst-Klugscheißer bei einer Snob-Party. Im Privatleben droht dem Überflieger derweil das Fiasko. Kaum gibt ihm seine Partnerin überraschend den Laufpass, kommt es zur großen Krise. Pfiffige Pointen, bitterböse Dialoge sowie ein spielfreudiger Albrecht Schuch sorgen für eine gelungene Satire der kurzweiligen Art, an der auch „Square“-Macher Ruben Östlund vermutlich seinen Spaß hätte.

Webseite: https://www.wildbunch-germany.de/

Ö 2024
Regie: Bernhard Wenger
Darsteller: Albrecht Schuch, Anton Noori, Franz Richter, Salka Weber, Theresa Frostad Eggesbø, Maria Hofstätter

Filmlänge: 102 Minuten
Verleih: Wild Bunch Germany GmbH / Central Film Verleih GmbH
Kinostart: 13. März 2025

Weltpremiere: 81. Internationale Filmfestspiele von Venedig

FILMKRITIK:

„Du bist einfach nicht mehr echt. Ich spür dich nicht mehr!“ - mit dieser knackigen Ansage seiner Freundin hat Matthias (Albrecht Schuch) absolut nicht gerechnet. Ein echter Tiefschlag für den erfolgreichen Betreiber einer Agentur namens „My Companion“, welche für diverse Notlagen zahlungskräftiger Kunden die nötigen Notlügen bereitstellt. Wer einen überzeugenden Fake-Experten als Party-Begleitung benötig ist bei Matthias ebenso gut aufgehoben wie jener Bonze, der für seinen 60-sten Geburtstag einen vorzeigbaren Sohn benötigt. Oder wie eine verzweifelte Dame, die ihn dringend als Sparring-Partner für Streitgespräche braucht, um dem dominanten Gatten endlich einmal die Meinung zu geigen. Auch als vorgeblicher Piloten-Papa taugt er perfekt, mit dem ein Grundschüler im Unterricht prahlen möchte. Als Mann für alle Fälle begeistert Matthias seine Auftraggeber. „Noch ein Glas Wein?“, hofft eine zufriedene Kundin auf Flirt-Zugabe. „Danke, das ist leider nicht möglich!“ gibt sich der Agentur-Besitzer zugeknöpft.

So überzeugend er im Job agiert, so ernüchternd fällt die Bilanz im Privaten aus. Beim Streit mit der Freundin versagt Matthias kläglich. All jene perfekten Ratschläge für die Kundschaft hätte er selbst am meisten nötig. Zur ziemlich besten Katastrophe gerät sein Versuch, die Partnerin mit einer ausgetüftelten Showeinlage zurückzugewinnen. Die Pechsträhne eskaliert. Als Rache für die erfolgreichen Beziehungsratschläge für jene schüchterne Dame setzt sich deren verlassener Ehemann auf des Beraters Fersen und entpuppt sich als gnadenloser Stalker. Die Nerven liegen bereits blank als Matthias in die bestens bezahlte Rolle des Vorzeigesohns für eine pompöse Geburtstagsparty schlüpfen muss. Eigentlich schüttelte er solche Jobs locker aus dem Ärmel, ganz egal wie zickig der Klient sich gibt. Doch diesmal läuft die Feier spektakulär aus dem Ruder, das Finale gerät zum Fanal. Diesen Geburtstag werden alle Beteiligten garantiert so schnell nicht vergessen.

Bisweilen kommt die Story ein bisschen vertrödelt daher und das Timing gerät ins Stottern. Das Füllhorn von Pointen und Situationskomik sorgt freilich für den nötigen Schwung. Mit dem bewährten Schauspiel-Chamäleon und Filmpreis-Sammler Albrecht Schuch findet der verzweifelt zappelnde Held eine perfekte Besetzung. Mit sichtlichem Vergnügen sowie reichlich Empathie-Potenzial zelebriert Schuch die Balance zwischen Schaumschläger-Täter und armes Würstchen-Opfer. Das Image vom König der Selbstoptimierung, vom makellosen Dienstleister-Gockel, passender: Pfau, einer Konsumgesellschaft, zerplatzt irgendwann ganz ohne Vorankündigung wie eine schillernde Seifenblase. Plötzlich wirken all die angehäuften, teuren Designer-Möbeln wie peinlicher Plunder eines Authentizität-Aufschneiders.

Und die Moral von der Geschicht‘? Satire made in Austria lohnt sich auf der Leinwand fast immer.

 

Dieter Oßwald