Pietje Bell und das Geheimnis der schwarzen Hand

Niederlande/Deutschland 2002
Regie: Maria Peters
Darsteller: Quinten Schram, Frensch de Groot, Sjoerd Metz, Jordy Mul, Serge Price
110 Minuten
Stardust Verleih

Es war nur eine Frage der Zeit, bis der erfolgreichste Kinderfilm aller Zeiten aus Holland auch endlich hierzulande zu sehen ist. Umso größer ist die Neugier auf die Abenteuer des kleinen Jungen Pietje Bell, der im Rotterdam der 30er Jahre eine ganze Stadt in Atem hält. Ohne Frage: Ein Kinderheld der alten Schule.

Pietje Bell (Quinten Schram) ist fröhlich und frech. Dank seiner Streiche und seiner grenzenlosen Abenteuerlust gibt es keine Langeweile in seinem Leben. Trotz allem Spaß sind die Zeiten hart und Pietje muss erleben, wie sein Vater als Schuster nur schwer den Lebensunterhalt verdient und sein Freund Sproet (Frensch de Groet) in einer sehr armen Familie unter einem dämonischen Vater aufwächst. Scheinbar dreht sich alles nur ums Geld. Und Pietje will viel davon, damit er es gerechter verteilen kann.

Pietje taucht nach der Schule unter, er will unsichtbar sein. Von diesem Tag an ist Rotterdam mit seiner „Bande der Schwarzen Hand“ konfrontiert. Pietje verteilt heimlich die Beute einer Räuberbande unter den Armen und hinterlässt als Zeichen überall die „Schwarze Hand".

Über 900.000 Zuschauer sahen 2002 in Holland die Geschichte des kleinen Abenteurers, der die Antithese zu modernen Kinohelden ist. Pietje kann nicht zaubern wie Harry Potter oder cool kämpfen wie die „Spy Kids“ von Robert Rodriguez. Regisseurin Maria Peters kommt gar nicht erst auf den Gedanken ihren kleinen Helden zu einem MTV-kompatiblen Sunnyboy zu machen, sondern zeichnet ihn als wertkonservativen Frechdachs der alten Schule, wie man ihn aus vielen anderen Geschichten kennt.

Pietje Bell besitzt die Chuzpe eines Michel von Lönneberga, den raffinierten Geist von Kalle Blomquist und ist clever wie die jugendlichen Detektive von den „Drei ???“ und „TKKG“. Doch genau darin liegt auch die vermeintliche Schwäche des Films: Einen Sympathieträger und Helden wie Pietje kennt man in der gleichen Form aus zig anderen Kinderfilmen, ebenso das familiäre Umfeld, in der die Eltern alten Rollenklischees entsprechen (Vater Schuster, Mutter Näherin), während der Buhmann der Geschichte – hier ein autoritärer Lehrer mit einem Sabberproblem – als Ekel erregender und hinterlistiger Schleimbolzen herhalten muss.

Kein Kind wird sich während der 110 Minuten langweilen, dennoch kann man „Pietje Bell und das Geheimnis der schwarzen Hand“ mitunter als albernen Schabernack abtun. Die Charaktere sind so entlarvend und überzogen geschrieben, dass man sich zwischendurch im Puppentheater wähnt.
Natürlich brauchen gerade Kinder klare Handlungsverläufe und Hinweise für gesellschaftliche Werte und Moral – dennoch unterschätzt der Film den Intellekt seiner 8-12-jahrigen Zuschauer, an die der Film laut Verleih gerichtet ist. Deren Köpfe sind an komplexere Geschichten längst gewohnt und werden sich bei diesem Kinderabenteuer recht unterfordert vorkommen. Die Gewissheit bleibt: Ein guten Kinderfilm zu produzieren ist kein Kinderspiel.

David Siems