Pippa Lee

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In der besonders hochkarätig besetzten Selbstfindungs-Geschichte einer fünfzigjährigen Ehefrau und Mutter beeindruckt Robin Wright Penn als zwischen Vergangenheit und Zukunft verlorene Pippa Lee. Der Künstlerin und Regisseurin Rebecca Miller - Tochter von Arthur Miller - zeigt in ihrem vierten Film eine stimmige Entwicklung mit leisen Tönen.

Webseite: www.centralfilm.de

Originaltitel: The Private Lives of Pippa Lee
USA 2008
Regie: Rebecca Miller
Buch: Rebecca Miller
Darsteller: Robin Wright Penn, Alan Arkin, Blake Lively, Maria Bello, Keanu Reeves, Julianne Moore
Länge: 93 Min.
Verleih: Senator (Vertrieb: Centralfilm)
Kinostart: 1. Juli 2010
 

PRESSESTIMMEN:

Robin Wright liefert in Rebecca Millers melancholischem Frauenpsychogramm als bezaubernde, entrückt durch ihren gleichförmigen Ehealltag driftende Verlegergattin eine der ganz großen Vorstellungen ihrer Karriere ab. Wir verleihen ihr den Oscar der Herzen.
STERN

Rebecca Miller hat ihren eigenen Roman beängstigend gut verfilmt, klug und federleicht... mit einer ganz tollen Robin Wright.
BRIGITTE

Millers Film überzeugt dank seiner bis in die Nebenrollen großartigen Besetzung, allen voran die wunderbare Robin  Wright in der Titelrolle und 'Gossip Girl'-Starlet Blake Lively als ihr jugendliches Ich.
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Die Tischrede lobt die gutaussehende, elegant gekleidete Fünfzigerin als perfekte Gattin, Hausfrau und Muse. Kaum zu übersehen ist, dass sich Pippa Lee (Robin Wright Penn) in dieser Rolle überhaupt nicht wohl fühlt. Als Gattin eines gleich um dreißig Jahre älteren, erfolgreichen Verlegers (Alan Arkin) wird sie als anpassungsfähiges Rätsel bezeichnet - und hasst es! Vor allem nach dem Umzug aus der Metropole New York in ein Rentnerdorf der Provinz schleichen sich mehr und mehr Irritationen in das Leben von Pippa Lee. Die nächtlichen Verwüstungen in der durch Alarmanlagen gesicherten Küche erweisen sich nach Installation einer Überwachungskamera als Ergebnis von Pippas bislang unbekannten schlafwandlerischen Aktivitäten. Die Versuche, sich mit der Gemeinschaft älterer Damen anzufreunden, enden mit einem Rauswurf aus dem Töpferkurs. Die Frage an den Gatten Herb, was er in ihr sehe, führt auch zu keinem befriedigenden Ergebnis.

So verliert sich Pippa Lee tagträumend in Erinnerungen: An ihre Kindheit mit der Speed-abhängigen Mutter (Maria Bello), die ihren Alltag wie in einem Werbespot lebte. Damals lernte das Kind alles Nötige zur Karriere einer sorgenden Frau. Für die Mutter, die Männer, die Kinder, die Nachbarin. Eine Flucht führt den Teenager Pippa (Blake Lively) zu ihrer lesbischen Tante Trish, deren Freundin (eine wieder sagenhaft präsente Julianne Moore) sie schon nach ein paar Tagen in Lesbenpornos einsetzt. Danach eine wilde Zeit mit Drogen und zu viel bedeutungslosem Sex, aus der Pippa, deren vornehmliche Qualität nach eigener Aussage zuvor „Versagerin“ war, vom viel älteren Verleger Herb gerettet wird.

Bevor Pippa Sarkissian zu Pippa Lee wird, tritt ihre Vorgängerin Gigi (Monica Bellucci) mit einem äußerst dramatischen Selbstmord ab. Vor lauter Schuld beschließt die haltlose junge Frau, von nun an eine gute Frau zu werden. Sie bedient ihren Mann, findet sich in die Rolle, von der sie anfangs gar nicht weiß, wie sie funktioniert. Über die Jahre gerät sie allerdings zu einer Farce, wenn Herb Pippa wie einen Hund zu sich ruft. Er liebt den Käse, den sie am Abend hatten, nicht seine Frau. Meist tut er so, als sei sie nicht anwesend, dafür funktioniert sie nach seiner Herzattacke auch als Krankenschwester. Als sie selbst jedoch durch ein viel jüngere Frau (Winona Ryder) ausgebootet wird, fühlt sie sich sogar erleichtert, weil ihre alte Schuld nun weitergereicht wird. Pippa Lee wird endlich von niemandem mehr gebraucht.

Die leicht skurrile, witzige und doch sehr warmherzige Emanzipation der Vorzeigefrau Pippa Lee zum selbständigen Menschen begeistert auf den ersten Blick mit ungewöhnlich vielen exzellenten Schauspielern. Es ist ein Genuss, all diese hervorragenden Leute spielen zu sehen. Vor allem Robin Wright Penn, durchaus mit starken Rollen vertraut, zeigt vom ersten Moment an eine schillernde Verlorenheit. Je mehr man sich auf die ebenso so scharf wie spöttisch beobachteten Feinheiten des Buches von Regisseurin Rebecca Miller (nach ihrem eigenen Roman) einlässt, desto mehr gewinnt der Film. Die vielfältig talentierte Künstlerin, Tochter des 2005 verstorbenen Arthur Miller, zeigt sich bei ihrer vierten Regie-Arbeit nicht nur in der Figurenzeichnung des vielfältigen Beziehungsgeflechts als sehr sicher, sie verbindet auch die Ebenen des Films mit sehr eleganten Überblendungen. Ohne übertriebene Sentimentalitäten kann sich „Pippa Lee“ ganz auf die Kraft und Lebendigkeit der eigenen Figuren verlassen. Es sind die feinen Zeichnungen und Töne von Sarkasmus und Bitterkeit, die „The Private Lives Of Pippa Lee“ besonders machen. So erweist sich die später Selbstfindungs-Geschichte auch über ein Jahr nach der Weltpremiere im Wettbewerb der Berlinale 2009 (außer Konkurrenz) als reichhaltiges Star-Paket mit nachhaltigem Mehrwert nicht nur für ein weibliches oder älteres Publikum.

Günter H. Jekubzik

Auf der Grundlage ihres eigenen Bestsellers („The Private Lifes of Pippa Lee“) entwickelte Rebecca Miller das Drehbuch und inszenierte diesen Film. Es ist das Lebensportrait einer Frau. Diese ist bei Beginn des Films schon etwas älter und hat einen noch betagteren Ehemann, den Verleger Herb Lee, aber sie hat eine bewegte Vergangenheit.

Sie erlebte eine pillensüchtige Mutter. Sie beteiligte sich eine Zeit lang mit offenbar lesbischen Damen an photographischen Sexaufnahmen. Sie war in jungen Jahren dabei, als eine Rivalin, die mit ihr einen Filmproduzenten teilen musste, sich erschoss. Sie musste den Ehebruch ihres Mannes verkraften. Und sie ließ die Geräte abstellen, als er wegen eines Hirnschlages klinisch tot war.

Sie war nicht selten der seelischen Erschütterung oder der Verzweiflung nahe. Aber sie erlebte auch das Mitgefühl eines verschlossenen, zurückgezogen lebenden, innerlich einsamen jungen Mannes – vielleicht sogar die künftige Freundschaft mit ihm.

In einer Fülle von durchaus eindrucksvollen Szenen wird dieses Leben hier ausgebreitet. Die Machart des Films verlangt vom Betrachter Aufmerksamkeit, denn die Vermischung von Gegenwart und Vergangenheit ist nicht immer leicht zu entziffern. Aber man versetzt sich mit zunehmendem Interesse in diese Existenz hinein: in ihre seelische Befindlichkeit; in ihr zeitweise turbulentes Umfeld; in ihre unerwarteten, zufälligen oder arrangierten Erlebnisse; in den Umgang mit den ihr Nahestehenden.

Eine gewisse Willkür in der Dramaturgie wird aufgewogen durch die Darstellungskraft von Robin Wright Penn als Pippa Lee. Sie trägt den Film, sie macht ihn sehenswert. Gut in ihren Fußstapfen auch Blake Lively als Pippa Lee in jungem Alter. In Kurzauftritten dazu ein richtiges Starensemble mit: Julianne Moore, Monica Bellucci, Alan Arkin, Keanu Reeves, Maria Bello oder Winona Ryder.

Thomas Engel