Plastic Planet

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Kunststoffe sind Segen und Fluch gleichermaßen. Denn so vielfältig die Einsatzmöglichkeiten im täglichen Leben auch sind, spätestens bei der Entsorgung wird klar, dass der einmal gerufene Plastikgeist sich nicht einfach in Luft auflöst, sondern riesige Mengen an Müll mit entsprechenden Gefahren für Mensch, Natur und Umwelt hinterlässt. In seinem informativen Dokumentarfilm zeigt der Österreicher Werner Boote die Bedrohung durch das Plastik auf bisweilen heiter unterhaltsame Weise auf.

Webseite: www.platic-planet.at

Österreich/Deutschland 2009
Regie: Werner Boote
Dokumentarfilm
95 Minuten
Verleih: Farbfilm (24 Bilder)
Kinostart: 25.2.2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Zugegeben: auch das Material, mit und aus dem Filme ent- und bestehen, basiert auf kunststofflichen Verbindungen. Wenn in „American Beauty“ eine schwerelos vom Wind getragene Plastiktüte auf der Leinwand erscheint, dann ist dies ein poetischer, fast schon zärtlich anmutender Moment. In Werner Bootes investigativem Aufklärungsfilm „Plastic Planet“ wird aus einer solchen Tüte ein Monster, ein Geist unserer Zivilisation, der, einmal gerufen, sich nicht so einfach wieder verscheuchen lässt. Bis zu 500 Jahre kann es dauern, bis Plastikmüll sich zersetzt. Kostengünstig zum einen, vielseitig verwendbar zum anderen, ist Kunststoff das Wundermittel unserer Zeit – und für jene, die sich seiner Produktion verschrieben haben, eine Lizenz zum Gelddrucken. In den Meeren allerdings existiert es bereits sechsmal häufiger als etwa Plankton und gelangt durch den Kreislauf des Fressens und Gefressen werden unter Umständen gar auch in den menschlichen Körper. Keine Frage: für Umwelt und Gesundheit stellt Plastik ein großes Problem dar.

Der Österreicher Werner Boote beschäftigt sich bereits seit rund zehn Jahren intensiv mit dem Thema. Fünf Jahre dauerten allein die Recherchen für seine Dokumentation. Die Erinnerung an seinen Großvater, der in den 1960er Jahren in leitender Position in der Kunststoffindustrie tätig war, stellten für Boote eine weitere Motivation dar, diesen Film zu drehen. Anders als etwa der Kanadier Ian Connacher, dessen 2007 entstandene und kürzlich auf Arte ausgestrahlte Dokumentation „Plastik über alles“ neben der Darstellung der Plastikproblematik Beispiele aufzeigte, wie Kunststoffe wiederverwendet werden können und wie sich deren biologische Abbaubarkeit verbessern lässt, belässt es Boote mehr bei einer Darstellung der kontroversen Folgen des Plastikbooms.

Der Österreicher tritt dabei in bester Michael-Moore-Manier auf, verzichtet allerdings auf populistische Pauschalverurteilungen. Er ist neugierig und stellt viele Fragen. Jene etwa, warum der Mensch sein Konsumverhalten mit Blick auf die gesundheitlichen und ökologischen Folgen nicht ändert, warum die Industrie nicht auf die von Kunststoffen ausgehenden Gefahren reagiert oder auf wessen Kappe die Müllberge in den Wüsten und Meeren gehen. Auch wenn nicht immer eine Antwort möglich ist, so regen die zahlreich zu Wort kommenden Wissenschaftler, Lobbyisten, PR-Vertreter und Umweltexperten doch zum Nachdenken und Grübeln an – und damit vielleicht ja auch zu anderen Sicht- und Verhaltensweisen.

Die zum Verständnis manchmal notwendigen Erklärungen der komplexen chemische Reaktionen und Vorgänge im Leben des künstlichen Rohstoffs sind anhand von anschaulichen und auch lustigen Animationen illustriert und eine willkommene Abwechslung. Während seiner weltumspannenden Aufklärungstour brachte Boote Familien verschiedenster Länder immer wieder dazu, sämtliches Plastik aus deren Haushalten auf die Straße zu stellen – quasi um zu zeigen, wie wenig heutzutage ohne Kunststoff noch geht. Die Dimensionen, von denen in Sachen Plastik die Rede ist, machen sprachlos – eine Lösung, wie die Plastikflut eingedämmt werden könnte, hat freilich auch Boote nicht parat. Vermeidung, so die Aussage, fängt im Zweifel schon im Kleinen an.

Thomas Volkmann

Der Österreicher Werner Boote hat jahrelang an diesem zweifellos verdienstvollen Film gearbeitet. Es geht darin um Plastik, um Kunststoff, ein Material, das die ganze Welt beherrscht. Jährlich werden viele Millionen Tonnen davon produziert. Der Planet ist überschwemmt. Und jährlich werden viele Milliarden damit verdient.

Ein Dilemma: Plastik ist in unzähligen Situationen für die ganze Menschheit eine Hilfe. Aber: Plastik kann auch schädlich sein, und zwar höchst schädlich.

Boote ist „erblich belastet“. Sein Großvater war vor Jahrzehnten einer der größten Kunststofferzeuger. Damals galt Plastik noch als Errungenschaft. Heute bedecken Plastik-Müllberge den ganzen Erdball. Boote ist ein tapferer Kämpfer dagegen – nicht der einzige, aber einer von nur wenigen.

Er bereiste die ganze Welt, besonders Orte mit hohen Produktions- oder Müllkonzentrationen. Er wurde von der Plastik-Industrie oft abgewiesen, sprach dafür mit zahlreichen Wissenschaftlern und Forschern. Und was dabei ans Tageslicht kam, ist erschreckend. Was immer in Lebensmitteln enthalten ist, muss inzwischen angegeben werden. Doch was befindet sich in den Kunststoffverpackungen? Niemand weiß es, und die erzeugende Industrie denkt gar nicht daran, es öffentlich zu machen.

Jetzt weiß man aber: Plastik enthält zumindest in kleinen Mengen Giftstoffe, die sich teilweise – etwa durch Abrieb oder Reinigungsmittel – freisetzen, die in die Atmosphäre gelangen, die sogar eventuell das Erbgut schädigen oder Krebs erzeugen. Auf lange Sicht kann die Entwicklung des Gehirns, können Chromosomen und Hormone beeinflusst werden. Im Blut ist das alles nachweisbar.

Die Ozeane sind voller Plastik. Jährlich verenden etwa 100 000 Meeressäuger qualvoll durch den Müll – von den Schildkröten, Krebsen und Vögeln einmal ganz abgesehen.

All das wird in diesem Film drastisch vor Augen geführt. Boote weiß und sagt natürlich auch, dass das „Plastikzeitalter“ unendliche Vorteile in sich birgt – man denke nur an die Medizin oder die Computer.

Eines aber ist sicher: Wir sollten umdenken. Jedes Jahr werden zum Beispiel 600 Milliarden Plastikbeutel hergestellt. Ein Unding. Gottlob gibt es schon Länder, die derlei verbieten und mit hohen Strafen dagegen einschreiten.

Plastik zersetzt sich erst in Jahrhunderten. Man könnte mit dem bereits vorhandenen Kunststoff den Erdball sechsmal mit Folie umwickeln. Eigentlich eine alarmierende Erkenntnis.

Ein informativer, wichtiger und zum Teil erschreckender Film. So etwas wie eine Warnung. Ein wenig pamphletisch und zur Panik neigend auch. Aber was hier gesagt und aufgedeckt wird, kann einen zur Vernunft bringen.

Thomas Engel